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Sorry

"Wir sorgen dafür, dass Ihnen nichts mehr peinlich ist. – Fehltritte, Missverständnisse, Kündigungen, Streit & Fehler. – Wir wissen, was Sie sagen sollten, wir wissen, was sie hören wollen. Professionell & Diskret"

Vier junge Freunde, alle um die dreißig, treiben orientierungslos durch ihren Alltag, bis ihnen eine scheinbar geniale Geschäftsidee kommt: moderner Ablasshandel. Die Firma "Sorry" entschuldigt sich stellvertretend für Verfehlungen mit ausschließlich geschäftlichem Hintergrund. Die Resonanz übertrifft ihre kühnsten Erwartungen, und die Vier ziehen gemeinsam in eine Villa. Sie sind wieder die Freunde, die sie einmal waren. Bis zu dem Tag, als sie sich für einen Mörder entschuldigen müssen.

Mit dem ersten Mord stirbt auch die Tiefe der Charakterisierung der Figuren. Chris, Tamara, Wolf und Frauke werden in den ersten beiden Teilen gut eingeführt und sind eigenständige Persönlichkeiten bis zum Einsetzen der Haupthandlung. Zoran Drvenkar konfrontiert die jungen Erwachsenen mit einer Ausnahmesituation, und wir werden Zeuge der Entwicklung vom Opfer zum Täter. Die Freunde streiten sich, bilden Koalitionen, machen Fehler und üben sich in Selbstjustiz. Mord wird plötzlich zur Ausnahme, wenn es um geliebte Menschen geht.

"Ich sitze mit dem Rücken an den Hinterreifen gelehnt und höre ihn reden. Ich hoffe, dass er einfach stirbt. Dass ihn der Hunger auszehrt. Aber er ist zäh. Er denkt nicht ans Sterben. Er hat Pläne für die Zukunft, wenn das hier alles vorbei ist. Er spricht von Schmerz und Nähe, und von Hunger und Lust. Er sagt, wenn man das alles in seinem Leben nicht entdeckt hat, dann ist man nicht lebendig. Dabei wartet er darauf, dass ich reagiere. Ich bleibe sitzen und schweige. Ich möchte ihm am liebsten meine Hand in den Mund stecken und tief in seine Kehle greifen, bis ich sein verdammtes Herz erreiche." (Tamara)

Drvenkar versteht es, den Leser zu verführen. Er beherrscht sein Handwerk und setzt sprachlich-stilistische Mittel gekonnt ein. Die Einteilung des Buches in verschiedene Ebenen kann den Leser durchaus auch verwirren. Es gibt: davor, danach, dazwischen, du, einen Mann, der nicht da war, und Teil 1 bis 8. Doch von Neugier getrieben ist der Leser bestrebt, die Ebenen zu entwirren, und herauszufinden, welche Figur sich hinter den verschiedenen Erzählperspektiven versteckt. Manchmal wird der Leser direkt angesprochen, als wäre er ebenfalls eine Romanfigur Drvenkars. Ein Stilmittel, das in diesem Thriller seine Wirkung gut demonstriert.

Die Sprache des Autors ist der größte Pluspunkt. Sie erzeugt die passende Stimmung zur rasanten Handlung und liest sich mit einer Leichtigkeit, die ich bei einem spannenden Thriller erwarte: "Berlin hat sich über Nacht in einen erstickenden Traum aus Weiß verwandelt. Der Verkehr schleppt sich wie ein angeschossenes Tier durch die Stadt." Sprache und Handlung ergänzen sich in Drvenkars Buch wunderbar.

Leider zeichnet der Autor zu Gunsten der Handlung einige seiner Charaktere nicht konsequent bis zum Ende. Vor allem die überlebenden Figuren scheinen im Korsett der Handlung gefangen. Der Leser stolpert über die ein oder andere logische Klippe, und um die Konstruktion nicht zu gefährden, müssen sich die Figuren in ihrer Persönlichkeit unterordnen.

Schuld und Sühne, Täter und Opfer, Kindesmissbrauch, Selbstjustiz und Freundschaft. Leider umranken diese Themen nur den Hauptstrang der Handlung. Ich hätte ihnen mehr Entfaltung gewünscht.

Leseempfehlung ***

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