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Wissenschaft fürs Leben

Er greift ein, wenn es brenzlig wird, spart Energie und macht uns das Leben leichter: der Autopilot. Doch wenn der Psychologe Jens Förster von ihm spricht, meint er nicht etwa Kollege Technik am Steuer, sondern unser innerpsychisches Kontrollsystem, durch das wir viele Abläufe in unserem Alltag mit schlafwandlerischer Sicherheit bewältigen. So kämmen wir uns die Haare und essen unser Toastbrot, ohne bewusst darüber nachzudenken. Der Autopilot in uns kontrolliert zudem viele Impulse: Dank ihm lassen wir bei strahlendem Sonnenschein nicht einfach den Stift fallen und machen blau, sondern warten geduldig auf die Mittagspause.

Selbstkontrolle, sagt Jens Förster, ist eine Eigenschaft, mit der wir bestimmte Ziele verfolgen. Das höchste von allen sei der Wunsch, uns wertvoll zu fühlen. Da Tiere keine solch hehren Ziele hätten, folgten sie lediglich ihrem Instinkt. Deshalb sei der Mensch ihnen überlegen – der Autor verdeutlicht das anhand mancher skurriler Beispiele aus der Tierwelt. Ob allerdings wirklich alle Tiere so wenig anpassungsfähig sind wie die Schmetterlinge, die lieber verhungern, als ihren Geschmack auf eine andere Blütenfarbe zu verlagern, sei hier dahingestellt.

Zurück zu uns Menschen: Natürlich können wir, wenn nötig, unser Bewusstsein einschalten und den Automatismen Einhalt gebieten. Entscheidend sei ohnehin, den Autopiloten richtig zu programmieren und zwar ganz individuell! Förster will mit seinem Buch dabei behilflich sein.

Doch statt Ratschläge zu erteilen, möchte er dem Leser den "Zugang zu einer reichhaltigen Wissenschaft" ermöglichen – der Sozialpsychologie. In zehn Kapiteln stellt er die wichtigsten Prinzipien der Selbstregulation vor. Er berichtet von Motivation und Flow-Erleben, von der Macht alter Gewohnheiten und von Situationen, in denen wir die rosarote Brille besser absetzen sollten. In flottem Schreibstil verbindet Förster psychologische Erkenntnisse mit vergnüglichen Anekdoten, frei nach dem Motto: "Das kennen wir doch alle."

Dazwischen finden sich Geschichten aus dem Alltag des Wissenschaftlers, teils ein bisschen sehr persönlich gefärbt, immer aber hilfreich, um die theoretischen Sachverhalte besser zu verstehen. Trocken ist die Lektüre daher an keiner Stelle; Fachausdrücke tauchen nur dort auf, wo es unbedingt nötig ist. Wie nebenbei bekommt der Leser so ein paar Häppchen Psychologie serviert.

Förster sieht im Menschen einen Künstler, der nach seinen Möglichkeiten sucht, ein "kleines Meisterwerk" aus seinem Leben zu machen. Die Psychologie liefert seiner Meinung nach das nötige Knowhow dazu. Und so bricht der Autor im letzten Kapitel dann doch mit seinen Prinzipien und erteilt ein paar gezielte Ratschläge – wie auch immer man zu diesen steht, man fühlt sich hinterher motivierter.

Das Buch liest sich flüssig und macht gute Laune, eignet sich allerdings eher für interessierte Laien. Wie der Autor selbst erklärt, ist es auch gar nicht für Fachleute gedacht – diese verweist er auf seine wissenschaftlichen Publikationen. Umso erfreulicher, dass der Psychologieprofessor Förster, der nebenher als Kabarettist und Chansonnier auftritt, gekonnt die Brücke schlägt zwischen Wissenschaft und Unterhaltung. So eignet sich das Buch sowohl als informative Einführung in die Sozial- und Motivationspsychologie wie auch als locker-leichte Urlaubslektüre.

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  • Quellen
Gehirn&Geist 10/2012

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