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Robotik: Des Roboters neue Kleider

Kleiderwechsel und Etikettenschwindel: Mit Hilfe origamiartiger Exoskelette kann ein Magnetwürfel robben, rollen oder fliegen. Von einem echten Roboter zu sprechen ist gleichwohl fehl am Platz.
Transforming Robots with Origami Exoskeletons

Veröffentlicht am: 27.09.2017

Laufzeit: 0:01:47

Sprache: ohne gesprochene Sprache

Das Massachusetts Institute of Technology's Computer Science and Artificial Intelligence Laboratory (CSAIL) ist ein US-amerikanisches Forschungslabor für Informatik.

Wer beim Titel dieses Videos an die "Transformers" aus den Kinofilmen denkt – kraftstrotzende mechanische Riesenwesen, die nach Belieben ihre Form verändern –, wird enttäuscht. "Transforming Robots with Origami Exoskeletons" spielt einige Ligen tiefer. Denn der Magnetwürfel, der hier durch die Gegend rollt, verwandelt nicht seine Gestalt, sondern nur die "Kleidung", die er trägt.

Forscher um Daniela Rus, Direktorin des Computer Science and Artificial Intelligence Laboratory (CSAIL) am Massachusetts Institute of Technology, haben einen "Roboter" namens Primer geschaffen, bei dem es sich in Wahrheit aber schlicht um einen würfelförmigen Magneten handelt. Auch wenn es im Video des Forschungslabors anders aussieht: Primer bewegt sich nicht aus eigener Kraft, sondern mit Hilfe dreier Magnetspulen unter dem Tisch, die jeweils ein magnetisches Feld mit bestimmter Stärke und Frequenz erzeugen. So lässt sich der Würfel auf dem Tisch an beliebige Stellen manövrieren. Das ist hübsch anzusehen, hat aber mit Robotik wenig zu tun.

Die grundlegende Idee des Projekts ist eine andere: Indem man einem Objekt gleichsam ein neues Outfit verpasst, soll es neue Funktionen erhalten. Die "Kleidungsstücke", die Primer ummanteln, bestehen laut des zugehörigen Fachartikels aus einem "unter Spannung stehenden Polymerfilm, der durch Hitze verformbar ist".

Der Film ist von beiden Seiten mit einer Schicht Polyesterfolie beklebt. Wird dieser Verbundstoff über 65 Grad Celsius erhitzt, zieht sich der Film in der Mitte des "Sandwichs" zusammen und biegt sich in der Folge an jenen Stellen, an denen die Polyesterfolie eingeritzt ist. So erklärt sich auch der Begriff Origami: Die Wissenschaftler haben sich von der Kunst des Papierfaltens inspirieren lassen.

Dank zweier Wärmeplatten, die in den Experimentaltisch integriert sind, erhalten die "Exoskelette", wie die Kleider von Primer etwas großspurig genannt werden, ihre origamiartige Form. Die Magnetfelder jedoch wirken weiterhin nur auf Primer selbst. Dank seiner Formkleidung, die sich auch ineinander schachteln lässt, kann der Würfel nun aber wahlweise robben, rollen oder fliegen. Wasserlösliche Haltearme ermöglichen es Primer zudem, seine Gewänder wieder abzulegen und sich etwas Anderes überzuziehen.

Neu sind Materialien, die sich selbst zu verschiedenen Formen falten, nicht. So berichtete bereits 2011 ein Forscher am Dresdner Leibniz-Institut für Polymerforschung vom Potential selbstfaltender Polymere. Dennoch sind Daniela Rus und ihre Mitarbeiter klar Vorreiter auf diesem Gebiet, mit einer ganzen Reihe Publikationen in angesehenen Fachjournalen über selbstfaltende Objekte.

Gelänge es ihnen, auch die Steuerung und andere mechanische Funktionen von Primer auf seine Origami-Kleider zu übertragen, könnte man über die Bezeichnung "Roboter" aber noch einmal reden.

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  • Quellen
Miyashita, S. et al.: Robotic metamorphosis by origami exoskeleton. In: Science Robotics  27 Sep 2017: Vol. 2, Issue 10, eaao4369

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