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Interview: Kleine Experimente mit großer Tragweite

Der Physiker Philip Häusser über seine Arbeit für die YouTubeKanäle "Terra X Lesch und Co" des ZDF und Phil's Physics
Weltraumstrahlung im Wohnzimmer | #philipslab

Terra X Lesch & Co

Veröffentlicht am: 03.02.2016

Laufzeit: 0:01:47

Sprache: deutsch

Der YouTube-Kanal Terra X Lesch & Co wird vom ZDF in Zusammenarbeit mit objektiv media produziert.

SciViews: Philip, du bist auf YouTube mit "Terra X Lesch und Co" und "Phil's Physics" gerade sehr präsent. Wo kommen die Ideen für Eure Sendungen her?
Philip Häusser: Zu einem großen Teil speisen sich die Ideen daraus, was wir als Redaktion im Alltag aufsaugen. Man sieht etwa auf Facebook etwas Spannendes oder in der Zeitung; oder man erinnert sich an ein interessantes Experiment aus dem Studium. Immer häufiger bitten uns aber auch Zuschauer, Videos zu bestimmten Themen zu machen.

Und welche Ideen schaffen es dann tatsächlich in die Videos?
Letztlich müssen wir uns immer überlegen, ob wir das Thema auch visuell umsetzen können. Harald Leschs Videos leben vor allem von seiner Sprache, da darf ein Thema ruhig abstrakter sein. In meinen Videos für "Terra X Lesch und Co" hingegen geht es immer um konkrete Experimente, die ich selbst durchführe. Die müssen also anschaulich und zum Staunen sein. Wir arbeiten eher sparsam mit Animationen und Grafiken. Von daher müssen wir das Thema im Studio vorführen können. Wollen wir beispielsweise etwas zu Raketen machen, können aber keine Rakete zeigen, dann lassen wir es lieber.

Worauf legt Ihr sonst noch Wert?
Ein Video von mir auf "Terra X Lesch und Co" soll eine kleine Entdeckungsreise darstellen, auf die wir den Zuschauer mitnehmen und kein Vorwissen voraussetzen. Im Idealfall geht es um ein kleines Experiment mit großer Tragweite: Ich erkläre etwa den Doppler-Effekt mit Hilfe meines Saxofonspiels (Link zum Video). Und am Ende erklären wir den Zuschauern, welch große Bedeutung dieser Effekt für das Universum hat. Das Thema darf daher auch nicht belanglos sein. Bei "Phils Physics" geht es dagegen öfter um Experimente, die die Zuschauer nachmachen können, – hier steht eher der praktische Nutzen im Vordergrund, etwa: "Wie baue ich ein Nachtsichtgerät selbst?" (Link zum Video)

Was ist Euer Selbstverständnis: Geht es eher um Vermittlung von (alt-)bekanntem Wissen oder macht Ihr auch kritischen Wissenschaftsjournalismus, bei dem Ihr neueste Forschung einordnet?
Auch hier sind wir sehr davon bestimmt, was wir umsetzen können. Wir sind durchaus am Puls der Zeit. Wenn es sich einmal ergibt, machen wir ein Experiment zu einem aktuellen Forschungsthema. Aber in der Regel ist es utopisch, die neuesten Experimente, die oft sehr komplex sind, einfach mal im Studio nachbauen zu wollen. Insofern machen wir in erster Linie Wissensvermittlung und diskutieren seltener aktuelle Studien. In Haralds Videos geht es hingegen oft auch darum, Entwicklungen, Argumentationen kritisch zu begleiten und den wissenschaftlichen Hintergrund dazu zu liefern.

Was ist dein persönlicher Antrieb hinter dem YouTuben? Meine persönliche Mission ist es, Menschen für Physik zu begeistern, für diese ganz und gar eigenartige Welt. Menschen, die vielleicht von ihrem ersten Kontakt mit der Physik in der Schule eher traumatisiert sind, dahin zu bringen, dass sie feststellen: "Hey, eigentlich sind Physik und Naturwissenschaften doch ganz cool!"

Du bist ja auch Doktorand in der Computer Vision Group an der Technischen Universität München. Woran forschst du?
In meinem Forschungszweig geht es um maschinelle Bild- und Mustererkennung, also darum, einem Computer beizubringen, ein Bild zu interpretieren, zu erkennen, welche Gegenstände auf einem Bild zu sehen sind. Für einen Computer sind das ja zunächst einmal nur Zahlenwerte aus Nullen und Einsen. Wir setzen dabei unter anderem auf künstliche neuronale Netze. Bislang benötigt man allerdings Millionen Bilder, um die neuronalen Netze für diese Aufgabe zu trainieren. In meiner Doktorarbeit setze ich hingegen auf Assoziationen. Ich möchte dem neuronalen Netz beibringen, bereits Bekanntes mit Unbekanntem zu verknüpfen, um den benötigten Datensatz für das Training zu verringern.

Wie ist das Leben als Wanderer zwischen den Welten: einerseits an der vordersten Forschungsfront zu arbeiten und andererseits bereits bekanntes Wissen für Laien aufzubereiten?
Es ist tatsächlich ein ständiger Wechsel der Welten, aber das hilft mir persönlich sehr. Immer nur an meinem Schreibtisch an meiner Doktorarbeit zu sitzen und zu programmieren, würde mich auf Dauer nicht befriedigen. Aber wenn ich weiß, nächste Woche steht wieder ein Dreh an, dann kann ich mich darauf freuen. Umgekehrt freue ich mich nach den Drehs wieder auf die Arbeit an der Promotion.

Das Interview führte Christian Wolf.

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