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Quantenphysik: Lässt sich die Vergangenheit beeinflussen?

Manche Quantenexperimente scheinen die Ordnung der Zeit durcheinander zu bringen
How you can change the past

Veröffentlicht am: 26.01.2016

Laufzeit: 0:02:43

Sprache: englisch

Der New Scientist ist ein englisches populärwissenschaftliches Magazin.

Es ist eine alte philosophische und naturwissenschaftliche Frage, wie die Ordnung der Zeit gestaltet ist. Für gewöhnlich gehen wir davon aus, dass nur vergangene Ereignisse die Gegenwart und Zukunft beeinflussen können, niemals umgekehrt. In der Quantenphysik gibt es jedoch Versuche wie etwa das Doppelspalt-Experiment, bei denen wir noch im Nachhinein entscheiden können, ob wir den Weg eines Teilchens (etwa ein Elektron oder ein Photon) durch einen der Schlitze beobachten wollen. Oder ob wir uns für die Interferenz interessieren. Dieses Überlagerungsphänomen tritt nur dann auf, wenn das Teilchen nicht nur durch einen, sondern durch beide Schlitze zugleich gegangen ist und anschließend wie eine Welle mit sich selbst interferiert.

Die Entscheidung fällen wir, indem wir eine jeweils andere Messapparatur auswählen, um das Ergebnis des Experiments festzuhalten. Entscheiden wir uns für die Messung der Interferenz, wird sie ergeben: Das Teilchen ist durch beide Schlitze zugleich gegangen. Entscheiden wir uns dafür, den Weg des Teilchens zu beobachten, wird die Messung ergeben: Es ist durch den linken oder aber durch den rechten Spalt geflogen. Wir können also quasi im Nachhinein, nämlich durch die Messung, entscheiden, ob das Teilchen durch nur einen oder durch beide Schlitze geflogen ist. Das widerspricht auf den ersten Blick unserer gewohnten Vorstellung von Kausalität.

Das Video aus der Explanimator-Serie des britischen New Scientist wirft diese spannende Frage auf, kann das Thema aber nur anschneiden. Das ist zwar verständlich, denn jede bessere Erklärung müsste tiefer in die Interpretation der Quantenphysik einsteigen. Dennoch hat man hier das Potenzial verschenkt, dieses hochspannende Thema ein wenig umfassender für ein größeres Publikum aufzubereiten. Abgesehen von der komplizierten Fachliteratur finden diese anspruchsvollen Themen nämlich nur wenig Widerhall in der Wissenschaftskommunikation.

Letztlich lässt also der schön animierte und fachlich saubere Clip den Zuschauer mit mehr Fragen als Antworten zurück. Dafür bleibt am Schluss die Einsicht zurück, dass ein Begriff wie "objektive Realität" in der Quantenphysik nicht völlig sinnlos wird. Er erfährt jedoch eine Begriffsverschiebung. Denn das, was wir sehen und messen können, hängt davon ab, durch welche Brille wir schauen – oder mit anderen Worten: davon, welche Frage wir mit unseren Experimenten an die Natur richten. Diesen Punkt hat bereits Niels Bohr, einer der Begründer der Quantentheorie, wiederholt betont. Laut Bohr zeitigen solche Experimente eben keinen Einfluss auf die Vergangenheit. Vielmehr ist das Phänomen erst mit dem vollzogenen Experiment einschließlich seiner Messung klar definiert. Erst zu diesem Zeitpunkt haben wir eine eindeutige Frage an die Natur gestellt – und erst zu diesem Zeitpunkt können wir mit einer eindeutigen Antwort rechnen.

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