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Autonome Waffen: Panikmache mit Killerrobotern

Killerroboter, die in die falschen Hände geraten und unschuldige Bürger abschlachten? Ein viel gesehenes Video propagiert mit Mitteln der filmischen Zuspitzung ein Verbot autonomer Waffen. Doch die dargestellten Szenen sind derzeit auf Grund des Stands der Technik nicht realistisch.
Slaughterbots

Veröffentlicht am: 12.11.2017

Laufzeit: 0:07:47

Sprache: englisch

Stop Autonomous Weapons ist eine Initiative von NGOs wie Human Rights Watch, die mit der Campaign to Stop Killer Robots ein Verbot von autonomen Waffen durchsetzen wollen.

Wer Panik verbreiten will, kann sich an diesem Video ein Beispiel nehmen. Statt realistisch den Stand von Forschung und Technik darzustellen, geht es allein darum, zu behaupten, autonome Killer-Drohnen stellten eine ernsthafte Bedrohung dar. Gedreht wurde der Film im Rahmen der Campaign to Stop Killer Robots, an der mehr als sechzig Nichtregierungsorganisationen beteiligt sind, darunter Human Rights Watch. Wie realistisch aber ist ihre Horrorvision?

Heutzutage würden die Slaughterbots alleine schon an der nötigen Flugzeit scheitern. Aktuelle Modelle von der Größe der Mini-Drohnen im Video fliegen gerade mal zehn Minuten lang. Allerdings wird die Energiedichte von Akkus weiterhin zunehmen, so dass ein Vielfaches der Flugzeit möglich erscheint.

Noch weniger überzeugend sind die sensorischen und motorischen Fähigkeiten der ausgedachten Schlachter-Drohnen. Zwar setzt man in Smartphones schon heute neuronale Netzwerke zur Gesichtserkennung ein. Diese Systeme arbeiten dabei in (mindestens) zwei Schritten: Zunächst erfassen sie in ihrem Blickfeld ein Gesicht – sie lösen es gewissermaßen aus seiner Umgebung heraus – und in einem zweiten Schritt identifizieren sie es.

Tatsächlich sind sie bereits heute gut darin, einzelne Gesichter zu erfassen und zu erkennen. Die Identifikation verschiedener Personen ist aber noch eine reine Cloudanwendung, da sie zu viel Speicherplatz und Prozessorleistung für ein mobiles Gerät verlangt. Die Gesichtserkennung von Bildern auf Apple-Geräten oder Facebook-Seiten funktioniert nur dank der Server-Parks der beiden Unternehmen, zu denen die Bilddaten geschickt werden (siehe zu den Herausforderungen der Gesichtserkennung dieses Paper von Apple-Forschern).

Neuerdings kann das Apple iPhone die Identität seines Nutzers zwar anhand seines Gesichts überprüfen, wodurch die Passworteingabe entfällt. Diese Aufgabe verlangt aber, dass das Gesicht unter optimalen Bedingungen von vorne aufgenommen wird (siehe etwa Tücken der Gesichtserkennung auf Spektrum.de).

Eine Flugdrohne von der Größe eines Smartphones könnte also im besten Fall eine bestimmte Person identifizieren, nicht aber eine große Zahl von Menschen. Aber selbst wenn es nur darum ginge, Köpfe zu erkennen, müsste eine Killer-Drohne in der Lage sein, selbständig durch sehr vielfältige dreidimensionale Umgebungen zu navigieren. Einen ersten Schritt auf dem Weg hin zu einer solchen Fähigkeit bewältigen autonome Fahrsysteme heutiger Fahrzeuge wie etwa der Tesla Autopilot. Allerdings funktionieren auch diese nur unter den halbwegs klar definierten Bedingungen des öffentlichen Straßenverkehrs. An der fehlerfreien Navigation in einer neuen Umgebung scheitern autonome Systeme nach wie vor.

Mini-Drohnen, die ohne zu kollidieren im Schwarm fliegen und auch noch zusammenarbeiten, werden ebenfalls schon gebaut und getestet. Raffaello D'Andrea von der ETH Zürich und Gründer von Amazon Robotics etwa lässt seine Flugmaschinchen atemberaubende kollektive Flugmanöver vollbringen. Klar, dass er dabei immer auch gern von seinen "autonomen" Drohnen spricht (zum Beispiel in diesem TED-Talk). Dass sie von einem leistungsstarken Zentralcomputer gesteuert werden, verschweigt er jedoch.

Die Wirklichkeit sieht also in vielerlei Hinsicht anders aus als in diesem Kampagnen-Video. Die Kommentare auf Facebook zeigen, dass viele Zuschauer auf die Panikmache 'reingefallen' sind.

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