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Urviecher: 10 gefüllte Wissenslücken über Saurier und ihre Plagegeister

Paläontologen arbeiten an dem vielleicht spannendsten Puzzle der Wissenschaft: Jedes der extrem seltenen versteinerten Knöchelchen des Erdmittelalters vervollständigt nach und nach unser Bild einer längst vergangenen, sehr seltsamen Welt. Dabei faszinieren uns bei Weitem nicht mehr allein erderschütternde Riesenechsen. Gerade auch die kleinen, bizarren Zeitgenossen der Dinos zu Luft, Land und Wasser sind Teile des paläontologischen Bilds aus Trias, Jura und Kreide.
Modell eines T. rex im Park einer Großstadt
10. Patagotitan mayorum – Ist er der Größte? | Der größte bisher bekannte Dinosaurier aller Zeiten hat Mitte 2017 einen Namen erhalten: Patagotitan mayorum oder "Titanosaurier". Forscher um José Carballido vom Museo Paleontológico Egidio Feruglio in Argentinien haben ausgemessen, dass der Gigant von der Nasen- bis zur Schwanzspitze mehr als 35 Meter lang war und fast 70 Tonnen wog. Damit war er schwerer als eine Herde Elefanten und länger als ein Blauwal – und das allein mit Pflanzennahrung. Die Rekonstruktion seines Körperbaus hat dieser Saurier den Forschern einfach gemacht: Sechs Jungtiere starben gleichzeitig an einer Stelle in Patagonien – unter den Kochen befand sich auch ein nahezu komplett erhaltenes Skelett. Als das American Museum of Natural History in New York das nachgebaute Skelett aufstellen wollte, musste der Ausstellungssaal vergrößert werden. Der Fiberglasabguss war einfach zu groß.
9. Plesiosaurier – Ein gefährliches Paddel-U-Boot | Sein Spitzname "Paddelsaurier" täuscht, denn der riesige, bis zu zwölf Meter lange Plesiosaurier war ein sehr guter Schwimmer – ein Gigant der Weltmeere. Ein im Dezember 2017 gefundenes Exemplar zeigt, dass die Plesiosaurier schon vor mindestens 201 Millionen Jahren im Erdzeitalter der Trias gelebt haben. Sie besaßen vier gleich große Flossen, die sie in einem komplizierten Rhythmus bewegten. Damit schafften sie es, elegant im "Unterwasserflug" wie mit Flügeln dahinzugleiten. Die Fleischfresser erbeuteten Fische und Tintenfische, indem sie sich rasch einem Fischschwarm näherten und dann einzelne Beutetiere mit dem extrem langen, beweglichen Hals blitzschnell herauspickten.
8. Wiehenvenator albati – Das "Monster von Minden" | Der größte in Europa entdeckte Raubsaurier wurde in einem Steinbruch in Minden gefunden. Die Forscher hatten zwar kein ganzes Skelett für ihre Untersuchungen, konnten aber aus den sehr gut erhaltenen versteinerten Knochenresten und Zähnen schließen, dass das "Monster von Minden" wohl acht bis zehn Meter groß war. Dabei handelte es sich noch nicht mal um ein ausgewachsenes Tier: Es war nur neun Jahre alt geworden. Dennoch brachte der kräftig gebaute Teenager zwei Tonnen auf die Waage. Der Fleischfresser besaß zum Rachen hin gekrümmte Zähne – in Bananengröße. Das Team um Oliver Rauhut von der LMU München stufte ihn 2016 als erstes Exemplar der neuen Art Wiehenvenator albati ein.
7. Ichthyosaurier – Fast nur Augen und Zähne | Die großen Kulleraugen der Ichthyosaurier täuschen. Sie waren mit ihrer spitzen, langen Schnauze und den dünnen, scharfen Zähnen gefürchtete Meeresräuber. Das hier gezeigte, mit seiner Vorderpartie an einen Delfin erinnerndes Exemplar hat das Team um Stephen Brusatte von der University of Edinburgh beschrieben: Dearcmhara shawcrossi. Die Tiere konkurrieren in der Länge mit Blauwalen und gelten als die größten Räuber der Meere in der Trias. Die Ichthyosaurier hatten ein an die jeweilige Jagdbeute angepasstes Gebiss. Einige besaßen etwa starke, scharfe Beißer und jagten Vögel, Meeresschildkröten oder kleinere Ichthyosaurier, anderen reichten kleinere Zähne zum Verspeisen von Weichtieren, und manche konnten gar auf Kauwerkzeuge verzichten, da sie die Beute wahrscheinlich im Ganzen einsaugten.
6. Beelzebufo ampinga – Der Frosch, der Dinos gebissen hat | Mit ihrer extremen Beißkraft könnten Urfrösche wie der Beelzebufo ampinga vor rund 68 Millionen Jahren sogar den damals lebenden kleineren Dinosauriern gefährlich geworden sein. Das schließen Forscher aus Berechnungen der Kauleisten von heute lebenden Hornfröschen. Diese Frösche aus dem Süden Amerikas besitzen riesige, runde Köpfe mit großen Mäulern – ähnlich, aber nicht so groß wie die des Urfroschs. Heute jagen Hornfrösche Tiere ihrer eigenen Größe wie andere Frösche, Schlangen oder Nagetiere. Der ausgestorbene Beelzebufo ampinga konnte dagegen mit seinem Schädel von 20 Zentimetern Länge und entsprechend größeren Hebeln deutlich kräftiger zubeißen: vergleichbar vielleicht einem ausgewachsenen Wolf. Es sei durchaus denkbar, so die Forscher, dass die Frösche somit auch junge Krokodile und Dinosaurier erfolgreich zur Strecke brachten.
5. Pterosaurier – Giganten der Luft | Mit der Flügelspanne eines modernen Kleinflugzeugs gehörten die Pterosaurier zu den gewaltigsten Tieren in der Luft und erinnern heute mit ihren kräftigen Zähnen im Schnabel eher an Drachen. Die bislang größten von Forschern beschriebenen Exemplare – der Quetzalcoatlus oder der verwandte Hatzegopteryx aus Transsilvanien – hoben mit einer Flügelspannweite von zwölf Metern und einem Gewicht von 250 Kilogramm ab. Letzterer konnte locker auch Beute in der Größe eines Ponys oder Pferdes schlagen, um sie dann mit seinem riesigen Maul im Ganzen zu schlucken. Einige von ihnen erreichten am Boden stehend eine Höhe von etwa sechs Metern – das ist immerhin die Höhe einer ausgewachsenen Giraffe. Leider wissen die Paläontologen bislang noch wenig über diese Tiere: Deren Knochen sind selten versteinert erhalten, da sie leicht und schwammartig aufgebaut waren.
4. Deinocroton draculi – Die Zecke im Dinonest | Im hier in Bernstein erhaltenen Federkleid von Velociraptoren hatten sich einst Blut saugende Zecken eingenistet – womit die intelligenten, Menschen fressenden Raptoren aus "Jurassic Park" in der realen Urzeit auch einmal zum Opfer geworden sind. Die Blutsauger verbissen sich zu Lebzeiten der Raptoren sicher nicht nur im Gefieder der Saurier, sondern lebten auch in deren Nestern. In Bernstein konserviert und voll mit Dinoblut, sind diese Zecken so gut erhalten, dass Forschern um Enrique Peñalver vom Institut für Geologie und Bergbau in Madrid in "Nature Communications" eine exakte taxonomische Zuordnung gelang. Einige der Achtbeiner sehen dabei Vertretern der heute existierenden Familie der Ixodidae sehr ähnlich. Die Forscher tauften sie auf den Namen Deinocroton draculi – der Gattungsname ist eine Kombination aus den griechischen Worten für "schrecklich" und "Zecke", während draculi an einen bekannten Namen der Blutsauger-Popkultur erinnert.
3. Halszkaraptor escuilliei – Der Dinoschwan | Dinosaurier sind dafür bekannt, nur auf dem Land gelebt zu haben. Eine halbe Ausnahme aber macht Halszkaraptor escuilliei, der sich seine Beute wohl entengleich dahingleitend von der Gewässeroberfläche aus schnappte. Das im August 2017 von Forschern um Andrea Cau vom Giovanni-Capellini-Museum der Universität Bologna beschriebene Tier war dafür mit starken Beinen wie der gefürchtete Velociraptor ausgestattet, was allerdings mit den eher schwächlichen Pinguinflügelchen kontrastierte. So sah H. escuilliei wohl aus wie eine Mischung aus Schwan und Raubsaurier. Der Raubschwan ernährte sich von Fischen, Krustentieren und kleinen Säugern oder Dinosauriern.
2. Rapetosaurus krausei – Ziemlich kleines Dinobaby für einen Giganten | Dafür, dass das 2016 entdeckte Dinobaby zu Gruppe der größten je an Land lebenden Titanosaurier gehörte, war es ziemlich klein, als es auf die Welt kam. Es schlüpfte wohl aus einem Ei, das kaum größer war als ein Fußball und rund 7,7 Pfund wog. Das ausgegrabene, versteinerte Skelett kam Kristina Curry Rogers und ihrem Team vom Macalester College in Minnesota allerdings derart winzig vor, dass sie es zunächst für ein fossiles Krokodil hielten. Rapetosaurus krausei, so der Name der Spezies, wurde als Baby aber überraschend schnell selbstständig und brauchte offenbar schon bald nach dem Schlüpfen keine elterliche Fürsorge mehr. Oder vielleicht doch: Das nach Jahrmillionen ausgegrabene Dinoexemplar war bald, wohl nach 39 bis 77 Tagen, gestorben – vermutlich in einer Dürreperiode.
1. Tyrannosaurus – Der Beißer war wohl eher ein Kauer | Obwohl Tyrannosaurus rex für seinen tödlichen Biss mit Zähnen wie Steakmessern gefürchtet war, hat er eher gut gekaut als gierig geschlungen. Das zeigen typische Abnutzungserscheinungen, die beim Gegeneinanderreiben von Zähnen entstehen. T. rex nutzte einzigartige, tief gezahnte Beißer und konnte damit mühelos Fleisch und Knochen der Beute zerreißen. Die Abnutzung der Hauer untersuchte Kirstin Brink von der University of Toronto Mississauga mit ihrem Team: Sie verglich abgenutzte Zähne mit den noch nicht aus dem Zahnfleisch ausgetretenen Nachrückern (bei den Reptilien wuchs der Ersatz ausgefallener Zähne wieder nach). Die heutigen großen Reptilienarten gehen anders vor. Sie töten die Beute mit ihren Zähnen und schlingen sie dann eher unzerkaut im Ganzen hinunter.

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