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Zoologie: 10 ausgestorbene Arten, die wir heute vermissen

Tasmanischer Tiger

Den Dodo kennt wohl fast jeder, den Tasmanischen Tiger auch, die Goldkröte prangt auf vielen Postern über den Regenwald – und den Lappenhopf zumindest jeder Neuseeländer. Leider wurden diese Tiere erst nach ihrem Verschwinden populär. Zehn Arten, die heute noch die Fantasie anregen, aber leider wahrscheinlich für immer verloren sind.

Lonesome George – der Letzte der Pinta-Riesenschildkröten |

Wohl nur wenigen Schildkröten wurde so viel Anteilnahme zuteil wie Lonesome George – dem wohl Letzten der Pinta-Riesenschildkröten (Chelonoidis abingdonii) von der Insel Pinta im Galapagos-Archipel. Weltweit verfolgte ein Millionenpublikum sein Schicksal und die verzweifelten Versuche, das Männchen doch irgendwie zur Fortpflanzung mit einer verwandten Riesenschildkrötenart zu bewegen. Auf diese Weise sollte zumindest ein Teil seiner Gene für die Nachwelt erhalten bleiben. Allein: Die Bemühungen scheiterten regelmäßig, und als sich der einsame George endlich zu Kopulationen hinreißen ließ, blieben die Eier unbefruchtet. Mit ihm starb die einzigartige Linie der Pinta-Riesenschildkröten aus. Sie wurde ein Opfer des menschlichen Hungers – die Tiere dienten als lebender Proviant für Seefahrer – und eingeschleppter Arten. Ziegen hatten die Insel kahl gefressen, als der ungarische Schneckenforscher József Vágvölgyi 1971 zufällig auf George traf. Eine letzte Hoffnung haben Biologen allerdings noch: Gentests an anderen Galapagos-Riesenschildkröten haben gezeigt, dass ihre DNA teilweise mit der von George übereinstimmt  womöglich wurden als manche Artgenossen auf andere Inseln verschleppt und streifen dort noch umher.

Kubaara – der Schatz der Karibik |

Mindestens 19 Araarten existierten bis vor 200 Jahren in Mittel- und Südamerika – der Kuba- oder Dreifarbenara (Ara tricolor) ist seitdem sicher ausgestorben, der Meerblaue Ara (Anodorhynchus glaucus) aus der Region zwischen Brasilien, Argentinien, Uruguay und Paraguay gilt seit 1920 mindestens als verschollen. Wie bei vielen anderen Papageien führte gerade auch unsere Hassliebe zu einem raschen Niedergang, denn die farbenprächtigen Vögel endete zu häufig in Käfigen. Auf der anderen Seite galten sie als landwirtschaftliche Plage, da sie Feldfrüchte plünderten. Zusammen mit der Abholzung großer Teile Kubas führte dies bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts zum Aussterben des Kubaaras, eines der eindrucksvollsten Vögel der Karibik. Weltweit existieren weniger als 20 Exemplare des Vogels in zoologischen Sammlungen – darunter der gezeigte Vogel im Museum für Naturkunde in Berlin. Dort läuft bis Ende 2018 eine Sonderausstellung, die auf das Schicksal der Aras aufmerksam macht und alle bekannten Exemplare der Vogelfamilie zeigt.

Quagga – Symbol für Südafrikas verlorene Megafauna |

Ebenfalls im Berliner Museum für Naturkunde ausgestellt ist ein Quagga (Equus quagga quagga) – ein einzigartiges Zebra aus Südafrika. Biologen streiten zwar darüber, ob die Quaggas tatsächlich eigenständig waren oder doch "nur" eine Unterart des weit verbreiteten Steppenzebras. Aussehen und Anatomie unterschieden es jedoch deutlich von seinen Verwandten, denn es wirkte eher wie eine Mischung aus Pferd und Zebra, da praktisch nur Kopf und Hals gestreift waren. Noch im 17. Jahrhundert galt es als eines der häufigsten Großtierarten Südafrikas, doch je weiter europäische Siedler ins Verbreitungsgebiet vordrangen, desto seltener wurde die Art. Die Tiere wurden exzessiv gejagt, weil man ihr Fleisch und die Häute wollte; zudem galten sie als Konkurrenten für die Rinderherden der Kolonialisten. Spätestens seit 1877 waren die Tiere in freier Wildbahn ausgestorben, 1883 verendete das wohl letzte Exemplar im Zoo von Amsterdam. Die meisten der verbliebenen 23 Quaggaexemplare befinden sich übrigens in deutschen Museen.

Goldkröte – Symbol des Amphibiensterbens |

Mitte der 1960er Jahre entdeckt, rund 25 Jahre später ausgestorben – die Goldkröte (Bufo periglenes) ist ein Paradebeispiel für das Arten- und vor allem das Amphibiensterben, das weltweit stattfindet. Ursprünglich lebte die Art in einem sehr eng begrenzten Gebiet im Monteverde-Bergregenwald von Costa Rica, was sie sehr anfällig für Störungen machte. Ihr geschätzter Weltbestand betrug wohl nie mehr als 1500 Tiere, die sich jährlich in einem eng begrenzten Zeitraum paarten und fortpflanzten. Als 1987 ein sehr starkes El-Niño-Ereignis zuschlug und der Regen ausblieb, trockneten die Tümpel mit dem Laich und den Kaulquappen der Amphibien komplett aus. Nur wenige Dutzend Larven überlebten die Katastrophe – ein Schlag, von dem sich die Kröten nie mehr erholten. Ökologen vermuten heute, dass die Krise Ende der 1980er Jahre entscheidend durch Abholzung umliegender Wälder verschärft wurde: Die dadurch ausgelöste Aufheizung der Region verhinderte, dass sich zumindest Nebelwolken am Berg bildeten, die dringend benötigte Feuchtigkeit hätten bringen können. Seit dem 15. Mai 1989 hat kein Mensch mehr die Lurche lebend gesehen. Sie schmücken nur noch Poster oder Tassen als Symbol für Costa Ricas Natur.

Tasmanischer Tiger – Australiens verlorener Jäger |

Manchmal beginnen die Menschen Tierarten erst richtig wertzuschätzen, wenn sie ausgestorben sind. Der Tasmanische Tiger oder Beutelwolf (Thylacinus cynocephalus) ist dafür ein klassisches Beispiel. Sein Aussterben begann auf dem Festland wohl bereits mit dem Auftauchen der Dingos vor wenigen tausend Jahren, die ihm im Konkurrenzkampf überlegen waren. Verschärft wurde die Situation durch die sich ausbreitenden Aborigines, die womöglich die gleiche Beute jagten und das Feuerregime Australiens entscheidend veränderten. Auf Tasmanien überdauerten diese Beuteltiere jedoch bis zur Ankunft europäischer Siedler. Diese sahen in ihm jedoch einen blutrünstigen Schafräuber. Um ihn auszurotten, wurde sogar ein Kopfgeld auf den Beutelwolf ausgesetzt. Um 1910 war die Art bereits sehr selten, und am 7. September starb mit Benjamin das letzte bekannte Tier der Art im Zoo von Hobart. Bis heute halten sich jedoch Gerüchte, dass es doch noch Tasmanische Tiger geben könnte – etwa in den unzugänglichen Wäldern im tasmanischen Südwesten. Immer wieder kommen Sichtmeldungen auf, die sich bislang jedoch nie bestätigen ließen. Die Liebe der Australier zum Beutelwolf – sie kommt wohl leider zu spät. Mittlerweile überlegen Genetiker, die Art mit Hilfe von Genmaterial aus Museumsexemplaren wiederzubeleben, doch auch hierfür stehen die Chancen extrem schlecht. In Deutschland zeigt unter anderem das Museum für Naturkunde Berlin einen Tasmanischen Tiger.

Huia – ein einzigartiger Vogel aus Neuseeland |

Einen Vogel wie den Huia oder Lappenhopf (Heteralocha acutirostris) gab es in der Neuzeit wohl kein zweites Mal mehr: Die 1907 ausgestorbene Art wies einen einzigartigen Geschlechtsdimorphismus aus. Die Weibchen waren nicht nur größer als die Männchen, sondern besaßen auch einen langen, gebogenen Schnabel, während der ihrer Partner kürzer und spechtartig wuchtig ausfiel. Womöglich ergänzten sich beide Tiere bei der Suche nach Larven unter dem Holz. Begehrt waren sie bereits bei den Maori, die sich mit den Schwanzfedern schmückten und die Art wohl auf der Nordinsel ausrotteten. Als die Europäer schließlich anlandeten und die Südinsel ebenfalls rodeten und die Vögel jagten, war es um die Huia geschehen. Die letzte offizielle Sichtung stammt vom 28. Dezember 1907, unbestätigte Beobachtungen wurden bis in die 1960er Jahre gemeldet.

Baiji – der Kollateralschaden von Chinas Industrialisierung |

Wale und Delfine genossen bei Menschen schon immer eine hohe Wertschätzung – lange jedoch nur materieller Art. Doch trotz der gnadenlosen Jagd auf Blauwale, Nordkaper oder Tümmler überlebten bis in die jüngste Vergangenheit alle Mitglieder dieser Tiergruppe unseren Nachstellungen. Doch im 21. Jahrhundert musste die Menschheit dann leider doch den ersten Verlust beklagen: Wohl im Jahr 2002 verschwand der Chinesische Flussdelfin oder Baiji (Lipotes vexillifer) für immer von der Erde – auch wenn immer wieder Gerüchte aufkommen, dass doch noch ein Exemplar gesichtet wurde. Gezielte Expeditionen in den Jahren 2006 und 2007 blieben jedoch erfolglos. Zum Verhängnis wurde den Delfinen ihre Lebensweise im Jangtse, einem der am stärksten verschmutzten Flüsse der Welt. Die Tiere waren fast blind und jagten mit Echolotung nach Fischen, die knapp unter der Wasseroberfläche schwimmen. Viele Baijis kollidierten deshalb tödlich mit den zahlreichen Schiffen, die auf dem Strom kreuzen. Im Fettgewebe der Säuger reicherten sich außerdem zahlreiche Umweltgifte an, die ungeklärt mit Industrieabwässern in den Jangtse gelangten. Und schließlich verendeten nicht wenige Delfine in Netzen, die zum Fischfang ausgebracht wurden. Auf den Baiji könnte bald der Vaquita (Phocoena sinus) folgen, dessen Bestand im Golf von Kalifornien gegenwärtig drastisch sinkt.

Karolinasittiche – als Pest verfolgt |

Heute leben in den USA (ohne das Territorium Puerto Rico) nur noch verwilderte Papageien, die von ihren Haltern freigelassen wurden oder entwischten. Bis spätestens 1927 existierte in Nordamerika jedoch eine eigene, nur hier vorhandene Art: der Karolinasittich (Conuropsis carolinensis) – ein hellgrüner Vogel mit gelb-rotem Kopf. Er war zwar nicht ganz so zahlreich, wie die Wandertaube (Ectopistes migratorius), die ebenfalls im Osten der USA vorkam, ehemals der häufigste Vogel der Welt war und innerhalb von Jahrzehnten ausgerottet wurde. Doch in den alten Wäldern und Sümpfen des Landes lebten wohl ebenfalls Millionen Exemplare des Sittichs, der die nördlichste Verbreitung aller Papageienarten aufwies. Vielen Landwirten galten die Vögel jedoch als ausgemachte Plage, weswegen sie zahlreich geschossen wurden. Viele andere Tiere fielen der Mode zum Opfer, denn Frauen schmückten ihre Hüte am Ende des 19. Jahrhunderts gerne mit toten Papageien. Zusammen mit der umgreifenden Abholzung im US-Südosten war das Desaster perfekt. Am 21. Februar 1918 starb mit Incas der letzte bekannte Karolinasittich im Zoo von Cincinnati – im gleichen Käfig, in dem vier Jahre zuvor mit Martha auch die letzte Wandertaube verendet war. Etwa 720 Bälge der Art liegen weltweit in Museen.

Stellers Seekuh – in wenigen Jahren aufgegessen |

Im Juni 1741 begab sich der deutsche Arzt und Naturforscher Georg Wilhelm Steller auf eine abenteuerliche Erkundungsreise von der sibirischen Küste in die Beringstraße und nach Alaska. Während dieser Reise entdeckte und beschrieb er als erster Wissenschaftler einen im Westen bis dahin unbekannten Giganten der Meere: die nach ihm benannte Stellers Seekuh (Hydrodamalis gigas), die bis zu acht Meter lang und mindestens fünf Tonnen schwer werden konnte. Damit übertrifft der Riese seine tropischen Verwandten jeweils um ein Mehrfaches. Steller blieb aber auch der einzige Forscher, der jemals eine lebende Seekuh in den nördlichen Gewässern erblickte. Ihr Gesamtbestand betrug damals vielleicht 2000 Tiere. Übrig geblieben sind weltweit nur 20 Skelette und wenige Hautproben. Denn innerhalb von nur 27 Jahren rotteten Pelztierjäger die Art rund um die Kommandeursinseln in der Beringstraße aus: Die Tiere lieferten ergiebigen Proviant. Stellers Entdeckung war Glück im Unglück, da er damals zusammen mit der Crew seines Forschungsschiffs St. Peter ums Überleben kämpfen musste. Während eines Sturms strandete das Schiff am 16. November 1741 an der Beringinsel, wo Kommandeur Vitus Bering einen knappen Monat später auch starb. Mehr als neun Monate war der Rest der Mannschaft dort isoliert, bis es ihr gelang aus den Überresten der St. Peter ein neues Boot zu bauen, mit dem die Überlebenden im September 1742 in den Hafen von Petropawlowsk-Kamtschatski zurückkehren konnten. Heute vermutet man, dass die Seekühe am Ende der letzten Eiszeit noch weiter verbreitet waren und von Baja California entlang der nordamerikanischen Pazifikküste bis Nordjapan verbreitet gewesen sein könnten und durch Jagd langsam bis zu den Kommandeursinseln zurückgedrängt wurden.

Dodo – so tot wie diese Taube |

Tot wie ein Dodo – so bezeichnen Briten etwas, was eindeutig und unwiderruflich gestorben ist. Auf den Taubenvogel mit dem lateinischen Namen Raphus cucullatus trifft das leider zu: Bis niederländische Seefahrer die Insel Mauritius gegen Ende des 16. Jahrhunderts erreichten, lebte der Dodo dort ein relativ ungefährdetes Leben. Die flugunfähige Taube hatte mit ihrer Größe kaum natürliche Feinde. Entsprechend begegnete sie den ihr unbekannten Menschen völlig furchtlos und wurde deshalb rasch zur schmackhaften wie leichten Beute der Matrosen. Zusammen mit eingeschleppten Fressfeinden wie Ratten und Schweinen rotteten sie den Vogel daher innerhalb weniger Jahrzehnte aus. Das Massaker lief so schnell ab, dass kaum Exemplare oder auch nur Überreste in die Museen weltweit gelangten. Und ein Großteil davon ging über die Jahrhunderte noch verloren. Insgesamt soll es in den zoologischen Sammlungen nur etwa ein Dutzend vollständiger Skelette geben – die meisten wurden aus den Knochen unterschiedlicher Funde zusammengesetzt. Heute gehört der Dodo zu den bekanntesten ausgestorbenen Tieren der Neuzeit und steht exemplarisch für das Verschwinden von Inselarten. Und er wird auch literarisch wie in der Popkultur gewürdigt. Berühmt ist beispielsweise der Auftritt eines Dodos im dritten Kapitel von "Alice im Wunderland", der Film "Ice Age" aus dem Jahr 2002 würdigt sie ebenfalls mit einem Auftritt – und sie zieren heute das Wappen ihres ehemaligen Heimatlandes. Zumindest ein Modell des Dodos ziert die Sammlung des Berliner Museums für Naturkunde.

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