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Astronomie für Einsteiger: Sterne und Nebel im Skorpion und seiner Umgebung

Die nähere Umgebung von Antares im Skorpion ist berühmt für ihre bizarren Dunkel­wol­ken und in fast allen Farben leuchtenden Nebel. Jeder mit diesen Nebeln assoziierte Stern gehört zu einer großen Gruppe junger Sonnen, der Scorpius-Centaurus-Assoziation.
Antares im Sternbild Skorpion

Fast alle Reflexionsnebel schimmern bläulich, da sie meist von jungen Sternen beleuchtet werden. Es sind nur drei krasse Ausnahmen bekannt, nämlich die Sharpless-Region S222, die von der H-Alpha-Licht emittierenden Hülle des Sterns LkHa101 beleuchtet wird; dann der Nebel S136, der sein Licht von einem Roten Riesen bezieht; und schließlich der Nebel um Antares im Skorpion, einen der seltenen M-Überriesen. In seiner Nachbarschaft gibt es weiterhin etliche blaue Reflexionsnebel und zwei rote HII-Regionen, S9 und RCW129, die von dem B1-Riesen Sigma Scorpii beziehungsweise dem B0-Hauptreihenstern Tau Scorpii zum Leuchten angeregt werden. Die Spektraltypen der beleuchtenden Sterne in den blauen Reflexionsnebeln gehören ausnahmslos zum Spektraltyp B.

Die Umgebung von Antares | In der Umgebung des roten Überriesen Antares befinden sich zahlreiche HII-Regionen und Refle­­xi­ons­nebel. Antares selbst befindet sich im gelblichen Nebel nahe der Bildmitte; der helle "Stern" am linken Bildrand ist ein stark überbelichteter Mars.

Die Entfernungen all dieser Sterne liegen bei 610 Lichtjahren. Außerdem sind auch viele helle B-Sterne im Skor­pion und in den ihm benachbarten Stern­bil­dern, die nicht in Zusammenhang mit Reflexionsnebeln stehen, ähnlich weit weg. Aber nicht nur die Entfernungen zahlreicher B-Ster­ne in dieser Himmels­region ähneln einander, sondern auch ihre Eigenbewegungen, so wie es bei den Mit­gliedern der Hyaden oder dem Ursa-Major-Bewegungshaufen zu beobachten ist. Das bedeutet, dass diese B-Sterne eine gemeinsame Entstehungsgeschichte haben. Solche Gruppen verwandter Sterne nennt man Assozia­tio­nen, im vorliegenden Fall Scorpius-Centaurus-Assozia­ti­on. Ähnliche ausgedehnte Gruppen junger Sterne, insbesondere von O-Sternen und sehr jungen B-Sternen (also solchen mit Spektraltypen zwischen O und B2), sind uns als OB-Assoziatio­nen bekannt, wie beispielsweise die Cygnus-OBII-As­soziation oder die I-Orion-OB-Asso­ziation.

Um einen Eindruck davon zu vermitteln, wie die Sterne der Scorpius-Centaurus-Assoziation im Milchstra­ßen­sys­tem verteilt sind, ist in der beigestellten Grafik der An­blick zu sehen, der sich einem außergalaktischen Beobachter bei einem Blick senkrecht auf die Mittelebene des Milchstraßensystems böte. Dargestellt sind die Positionen aller Sterne mit Spektraltypen zwischen O und B2 in einem Quadrat mit 1000 Lichtjahren Seitenlänge und der Sonne im Mittelpunkt. Die Beschränkung auf O- bis B2-Sterne hat den Vorteil, dass wir mit hoher Wahrscheinlichkeit in dem dargestellten Bereich sämtliche vorhandenen Sterne dieser Typen erfasst haben.

Die Scorpio-Centaurus-Assoziation | Hier sind die Sterne mit Spek­traltypen zwischen O und B2 in einem 1000 mal 1000 Licht­jahre großen Gebiet um die Sonne dargestellt. Diese »Face-on-­Ansicht« gibt den Anblick von au­ßer­halb des Milch­straßensystems wieder.

In der Grafik sind zwei Strukturen zu erkennen, die stark von einer gleichmäßigen Verteilung abweichen. Zunächst ist es die deutliche Häufung von Objekten innerhalb der gestrichelten blauen Linie: die Scorpius-Centaurus-Assozia­tion. Eben­so deutlich fällt ein großes Ge­biet um die Sonne herum auf, welches von O- bis B2-Sternen gemieden wird. Gäbe es diese Lücke in der Verteilung der hellsten jungen Sterne nicht, so würde unser Sternhimmel mit sehr viel mehr sehr hellen Sternen geschmückt sein!

Die Sco-Cen-Assoziation enthält nur zwei O-Sterne, nämlich Eta Carinae und Zeta Ophiuchi. Keiner der beiden Sterne steht in Bezie­hung zu einer HII-Region und kein B-Stern außerhalb der Region unmittelbar um Antares zu einem Reflexionsnebel, wäh­rend Sigma und Tau Scorpii in unmittelbarer Nähe von Antares kleine HII-Re­gio­­nen erzeugt haben. Die Sco-Cen-Asso­ziation besitzt also nur (noch) in der Ne­be­l­region um Antares merkliche Men­gen interstellarer Materie. Das erkennen wir auch daran, dass alle Mit­glieder der Sco-Cen-Assoziation außerhalb der Nebelregion um Antares nahezu unverfärbt sind: Ihr Licht ist nicht durch interstellaren Staub geschwächt und ge­rötet.

Übersichtsbild des Sternbilds Skorpion | Im oberen Bereich der Aufnahme sind die Scheren des Skorpions zu erkennen, der gelbliche helle Stern ist der rote Überriese Antares.

Antares war einst ein O-Stern, der sich mittlerweile zu einem M-Überriesen entwickelt hat. Sicher enthielt die Sco-Cen-Assoziation vor etlichen Millionen Jahren zahlreiche weitere O-Sterne, die sich eben­­falls zu M-Überriesen entwickelten, inzwischen aber ihr Dasein als Super­no­va beendet haben. Die Sco-Cen-Assoziation dürfte ursprünglich eine typische OB-Assoziation mit vielen O-Sternen gewesen sein. Aus den räumlichen Bewegungen ihrer Mitglieder ergab sich, dass sie bereits älter als 20 Millionen Jahre ist.

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