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Raupe und Co: Unsere Top 5 der bizarrsten Insekten

9 Brahmaspinner – die Außerirdischen unter uns

Keine Tiergruppe ist vielfältiger als die der Insekten. Wo die einen sich in ihrer Umgebung aufzulösen scheinen, geht es den anderen nur um das eine: aufzufallen mit aller Macht!

Große Teufelsblume – der Transformer unter den Insekten | Idolomantis diabolica ist auf den ersten Blick, falls dann überhaupt erkennbar, ein unscheinbarer Zeitgenosse. Ähnlich dem Wandelnden Blatt ist auch diese Mantidenart an ein Versteckspiel in der Natur angepasst. Die grüne bis braune Färbung sowie die Oberflächenstruktur des Körpers imitieren Blätter perfekt und helfen so bei Jagd und Tarnung gleichermaßen. Die Große Teufelsblume lebt aber nicht nur im Verborgenen: Wird sie entdeckt und ernsthaft bedroht, nimmt ein ganz und gar nicht unauffälliges Spektakel seinen Lauf. Wie auch andere Gottesanbeterinnen verfügt Idolomantis diabolica über die charakteristische Drohhaltung. In ihrem Fall aber ist der Kontrast am größten. Die unscheinbare, welke Erscheinung verschwindet komplett, zeigt die Große Teufelsblume erst einmal die Innenseite ihrer großen, blattförmigen Auswüchse am vorderen Beinpaar. In aufrechter Haltung mit weit gespreizten Gliedmaßen steht sie dann vor ihrem Feind und gibt, dank der nun sichtbaren Färbung, ein bedrohliches Bild ab. Den Namen erhielt sie durch die frühere Annahme, sie lege sich aufgerichtet auf die Lauer und locke so ihre Opfer an. Insekten sollen sie hierbei für eine Blume halten und sich unbedarft der Jägerin nähern. Mittlerweile gehen die Forscher, trotz unbestreitbarer Ähnlichkeit zu einer Pflanze, davon aus, dass die Form- und Farbgebung des Tiers vor allem der Tarnung dient. Der Name schmeichelt dem zierlichen Tier dennoch ungemein.
Brahmaspinner – die Außerirdischen unter uns | Alieninvasionen sind fester Teil der Sciencefiction, und schon länger spekulieren Verschwörungstheoretiker, ob die extraterrestrischen Eindringlinge nicht längst mitten unter uns leben. Beim Anblick der seltsam anmutenden Raupe der Gattung Brahmaea kann man es ihnen kaum verdenken: Lange dornige Fühler stehen vorne und hinten vom Leib ab, über den gesamten Rücken ziehen sich dornige Fortsätze, und die auffallend bunte Färbung scheint ebenfalls nicht von dieser Welt. Alle Raupen der Brahmaspinner haben jenes charakteristische, bizarre Aussehen. Ihr Lebensraum konzentriert sich zumeist auf asiatische Gebiete: Zum Beispiel leben B. certhia und B. tancrei in China, Korea, teilweise in Indonesien sowie in den östlichen Teilen Russlands, B. europaea ist allerdings hauptsächlich in Italien anzutreffen. Aus den Raupen entstehen nach der Verpuppung stark behaarte nachtaktive Falter, die im Vergleich zum vorherigen Aussehen unscheinbarer wirken. Die monströsesten Dornen finden sich bei B. certhia, eine gespenstische Aura verbreiten sie aber allesamt.
Brasilianische Buckelzikade – Eine Laune der Natur | Sieht man zum ersten Mal ein Bild von Bocydium globulare, hält man es für einen schlechten Scherz. Welcher Käfer hat denn bitte eine Antennenvorrichtung mit Kugeln auf dem Kopf? Der Einzelgänger hängt zumeist an der Unterseite von Blättern und tut sich an diesen gütlich, sonderlich hoch über dem Erdboden bewegt er sich nicht. Rein von seinem Lebensstil ergeben sich keine Antworten auf die Frage nach dem Warum. Umso mehr haben Forscher versucht, den Sinn der kleinen Chitinkügelchen auf dem Auswuchs des Kopfes zu ergründen – mehr als Theorien sind allerdings noch nicht zu Stande gekommen. Die Möglichkeit, es handle sich um ein attraktivitätssteigerndes Merkmal bei der Balz, wurde schon bald als unwahrscheinlich verworfen, denn nicht nur Männchen, sondern auch Weibchen bilden die Kugelantenne aus. Weiterhin könnten Fressfeine abgeschreckt oder beim Verzehr behindert werden, doch auch eine Detektorfunktion wäre denkbar. Durch das vergrößerte Halsschild nimmt auch die Oberfläche zu, und mehr Sinneshärchen haben Platz. Somit kann das Tier Pheromone leichter ausschütten und wahrnehmen. Die Erscheinung gibt noch immer Rätsel auf. Interessant anzusehen ist die Zikade aber allemal.
Mondvogel – Tarnung auf keinem grünen Zweig | Einer der sichersten Überlebenstricks ist eine gute Tarnung. Phalera bucephala, der Mondvogel, ist darin ein Meister: Unbeweglich sitzt er auf einem Zweig im Baum, die Maserung seiner Flügel ist perfekt an die Umgebung angepasst. Der weit verbreitete Nachtfalter, der sich im Übrigen auch in Europa heimisch fühlt, ist demnach nicht der geselligste Zeitgenosse, auch wenn er vor seiner Verpuppung in der Erde in Gruppen aus einigen Raupen lebt. Diese sind im Vergleich zu dem ausgewachsenen, bräunlich grauen Tier dank hervorstechender gelber Muster auf ihren schwarzen Körpern sehr auffällig. Die Haare der Raupen können bei Kontakt Hautirritationen auslösen, ein ausgewachsenes Tier kann man aber ungefährdet anfassen. Den alternativen Namen Mondfleck erhielt er durch den auffälligen hellbraunen Fleck an der Flügelspitze.
Riesenlibellen – Monster der Urzeit | Wer sich nicht zu den Insektenfreunden zählt, weiß nach diesem Abschnitt zumindest die Größe der heutigen Krabbelviecher zu schätzen. Verglichen mit früheren Zeiten haben wir es da noch gut. Meganeura monyi, eine riesige Libellenart aus dem Karbon, würde über die heutigen Ausmaße ihrer Urururenkel nur bedauernd den Kopf mit den großen Facettenaugen schütteln: Mit etwa 70 Zentimeter Flügelspannweite war sie vor etwa 300 Millionen Jahren ein Fleisch fressender Topjäger, der in den damals noch schlecht entwickelten und nur bedingt flugfähigen Vogelahnen kaum Konkurrenz um kleinere Insekten und Amphibien sah. Gemeinsam mit wenigen anderen Arten war M. monyi Teil der Gruppe von Riesen- oder auch Urlibellen – die größten Insekten, die einst unsere Erde bevölkerten. Noch immer spekulieren Forscher, wie es möglich war, dass dieses Tier so groß werden konnte und warum es heute solch extreme Maße nicht mehr gibt. Die gängigste Theorie hebt auf den höheren Sauerstoffgehalt der damaligen Luft ab. Als dessen Anteil in der Atmosphäre sank, konnten die Giganten ihre Muskeln nicht mehr ausreichend versorgen. Diese Überlegung ist nach neuesten Erkenntnissen aber nur die halbe Wahrheit: Auch die Evolution mischte mit, und gegen Ende der Ära der Riesenlibellen hatten sich die Vögel zu spezialisierten Fliegern entwickelt und ihren Beutekreis auch auf übergroße Insekten ausgedehnt. Also ging es quasi zurück zu den Wurzeln, und die Tiere sicherten ihr Überleben mit kleineren Arten. So beeindruckend diese ehemaligen Räuber auch gewesen sein müssen – ihre Größe vermissen wohl die wenigsten.
Froschbeiniger Blattkäfer – Wrestling im Tierreich | Unauffällig ist anders: Mit einem schillernden Chitinpanzer, der von Türkis über Grün bis ins Kupferfarbene changiert, ist die Gattung Sagra der Blattkäfer alles, nur nicht getarnt. Schön anzusehen sind sie allemal, weiterhin stechen die kräftigen, langen Hinterbeine ebenfalls klar hervor. Der Name ist beim Anblick wohl selbsterklärend, erinnern doch jene Gliedmaßen stark an kräftige, zum Springen gedachte Froschschenkel. Bewiesenermaßen ist die hüpfende Fortbewegung aber nicht der springende Punkt dieser Extremitäten. Vielmehr sind die Beine nur bei den Männchen extrem muskulös ausgebildet und diesen beim Kampf um Weibchen und Territorium dienlich. Die vorrangig in Asien beheimateten Käfer, von deren Gattung es verschiedene Arten mit demselben Merkmal der Froschbeine gibt, veranstalten wahre Wrestling-Turniere gegen Konkurrenten. Nicht nur das Verhaken mit dem Gegner und der Versuch, ihn so aus dem Weg zu drücken, sind gängige Techniken, auch Tritte und Drohgebärden werden mit den enormen Beinen ausgeführt. Dabei fällt auf, dass der Kampf oft mehr bedeutet als das Weibchen, welches erkämpft wurde; aggressive Männchen verfolgen den Unterworfenen noch ein gutes Stück, ehe sie wieder in ihr erkämpftes Territorium zu dem von ihm vernachlässigten Weibchen zurückkehren. Trotz großer Ähnlichkeit mit Frosch und Floh handelt es sich bei ihnen nicht um weit springende Käfer. Auch eine ursprüngliche Hypothese, der zufolge die Beine das Klettern erleichtern sollten, wurde im Hinblick auf die kleineren, mit schwächeren Hinterbeinen ausgestatteten Weibchen verworfen.
Cyphonia clavata – Nachahmung in Perfektion | Ein Preis für eine der spezifischsten Tarnungsstrategien ist dieser Buckelzikadenart sicher. C. clavata hat im Gegensatz zu vielen anderen Vertretern der Familie Membracidae ihren Auswuchs am Hals nicht etwa zur Verteidigung, vielmehr stellt dieser eine nahezu perfekte Abbildung einer Ameise dar. Der restliche Körper, welcher je nach Exemplar eine grünlich-bräunliche Färbung besitzt, verschwindet auf dem Untergrund, sichtbar bleibt einzig das clevere Gebilde der Ameisenimitation. Zwar ist es im Tierreich recht verbreitet, Ameisenmerkmale oder deren Fähigkeiten zu übernehmen, zu solch extremen Mitteln der Mimikry greifen aber die wenigsten Insekten. Somit ist C. clavata ein einzigartiges und bizarres Wunder der Evolution. Doch nicht nur das: Weiterhin fällt auf, dass der Hinterleib der angeblichen Ameise sich am Kopf des raffinierten Tricksers befindet. Im Fall einer Bedrohung ist es üblich für Ameisen, rückwärts zu laufen und sich aufzurichten. Als perfekter Schauspieler stiehlt sich also die Buckelzikade davon, den Gegner lässt sie verwirrt und eingeschüchtert zurück und liefert uns ein wunderbares Beispiel für das Zusammenspiel verschiedener Spezies in der Natur.
Ahorn-Rindeneule – ein heimlicher Star unter Blättern | Modelqualitäten hat die ausgewachsene Form des Eulenfalters nicht, vielmehr ist das Äußere von Acronicta aceris unscheinbar, grau und auf ein Versteckspiel an der Baumrinde perfekt abgestimmt. Wie viel glanzvoller ist da der Auftritt, den seine grell orangene Raupe hinlegt. Als farbiges Gegenstück lebt diese auf Ahornbäumen und ernährt sich von deren Blättern, ihre Lieblingsspeise ist der Bergahorn. Lange Haare beziehungsweise Borsten stehen von ihrem vergleichsweise kleinen Körper ab und vermitteln Fressfeinden ein falsches Bild ihrer Größe und Gefährlichkeit. Warnfarben wie diese signalisieren im Tierreich Ungenießbares und Giftiges, die meisten Angreifer lassen die kleine Raupe daher in Frieden. Doch auch für hartnäckige Ausnahmefälle ist vorgesorgt: Ähnlich wie ein Igel kann sie sich ringförmig zusammenziehen, bis sie kaum noch als potenzielle Nahrung zu erkennen ist. In alle Richtungen stehen dann ihre Borsten ab und verleihen ihr ein sternförmiges Aussehen. Gerade im September, wenn die Raupen noch sehr aktiv sind, ist es schwer, diese im fallenden Herbstlaub ausfindig zu machen. Entdeckt man dennoch eine, beeindruckt ihr farbenfrohes wie auch bizarres Aussehen sehr – wie ein echter Star eben.
Skorpionsfliege – bluffende Chimäre | In Sagen und Legenden sind Mischwesen nichts Fremdes, denkt man einmal an einen Zentaur oder, um ein modernes Beispiel anzuführen, den Animationsfilm Shrek, in dem Drache und Esel stolze Dresel-Eltern sind. Doch auch in der Realität sind die Launen der Natur unergründlich, wie sonst wäre wohl dieses Wesen entstanden? Die Angehörigen der Familie Panorpidae – scheinbar halb Fliege, halb Skorpion – sind alles andere als Fabelwesen. Weltweit existieren an die 100 Arten, die allesamt zumindest an Oberkörper und Kopf klar als Fliegen mit Rüssel zu erkennen sind, unter den Flügeln am Hinterleib aber fällt schnell der skorpionähnliche Stachel auf. Umso überraschender ist, dass dieser keineswegs eine mit Gift versehene Waffe ist, vielmehr dient er der Fortpflanzung. Das Genitalsegment ist bei männlichen Individuen sehr viel größer als bei den Weibchen. Männchen sondern zur Paarungszeit Pheromone aus diesen speziellen Taschen ab und verbreiten sie mit Hilfe ihrer Flügel. Der weibliche Hinterleib enthält eine Legeröhre, die auch zum Graben kleiner Löcher für die Eier genutzt wird. Die Damen der Spezies sind allerdings recht wählerisch, was ihre Partner angeht: Nur wer die meisten Naschereien in Form toter Insekten anbringt, wird als gut genug für die gemeinsame Fortpflanzung empfunden. Derartiges Aas ist die Hauptnahrungsquelle, um die nicht selten mit anderen Arten gekämpft wird. Auch vor der Plünderung von Spinnennetzen schrecken die Panorpidae nicht zurück. So exotisch, wie sie aussieht, ist diese Fliege übrigens nicht, in Mitteleuropa trifft man beispielweise recht häufig auf die Art Panorpis communis. So gesehen ist es vielleicht doch gut, dass die Tiere nicht durch die Giftigkeit der Skorpione bestechen …
Stielaugenfliege – Vorausschauende Vermehrung? Weit gefehlt! | Kurios anzusehen ist die Familie der Diopsidae; wie schon der Name besagt, befinden sich bei ihnen die Augen auf langen, vom Kopf ausgehenden Stielen mit daran befestigten Antennen. Sie garantieren eine bessere räumliche Wahrnehmung und helfen bei der Orientierung. Ganz nach dem Motto "Die Größe zählt" haben Männchen mit den längsten Stielaugen dieser vorrangig in tropischen Regionen beheimateten Art die besten Chancen in der Damenwelt. Doch leider ist "immer größer" nicht gleichbedeutend mit "immer besser". Nicht selten fanden Forscher Exemplare mit Gleichgewichtsstörungen und schlechten Flugfähigkeiten auf Grund der, verglichen mit dem restlichen Körper, überdimensionalen Stielaugen. Sollte sich dieser Trend bei der Fortpflanzung fortsetzen, steht das Überleben der Art in den Sternen. Auch die Evolution schießt wohl mal über das Ziel hinaus.

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