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Lexikon der Arzneipflanzen und Drogen: Cannabis sativa

Cannabis sativa L.
(syn. Cannabis americana, C. chinensis, C. erratica, C. foetens, C. generalis, C. gigantea, C. indica, C. intersita, C. lupulus, C. macrosperma); Hanf (syn. Bästling, Indischer Hanf, Femel, Fimel, Henne, Mäsch, Mastel, Samenhanf), vgl. Abbildung.
Fam.: Cannabaceae.
Heim.: wahrscheinlich Vorder- und Mittelasien.
Vork.: weltweit in gemäßigten und tropischen Zonen.
Drogen: 1. Cannabis indicae herba (syn. Herba Cannabis indicae, Summitates Cannabis); Indischer Hanf (syn. Haschisch, Haschischkraut, Kif, Kief, Kiffi, Ganja, Marihuana, Rauschhanf), die getrockneten blühenden oder mit Früchten versehenen Zweigspitzen der weiblichen Pflanzen. Inh.: Cannabinoide (mehr als 60 Verbindungen, u.a. Δ9-Tetrahydrocannabinol/THC und Derivate) vgl. Formel, äther. Öl, Phenole (u.a. Spiroindane, Dihydrostilbene), Harze und Flavonoide. Wirk.: psychotrope Wirkungen (Rauschdrogen) mit psychischer Abhängigkeit, antiemetische, antikonvulsive und analgetische Effekte. Die Droge senkt die Körpertemperatur, sie wirkt antiasthmatisch und appetitanregend und senkt den Augeninnendruck (antiglaukomatös). Anw.: Die Droge ist gegenwärtig nicht als offizinelle Arzneidroge zugelassen; der Verkehr, Besitz und ihre Nutzung ist strafbar (Betäubungsmittelgesetz). Lediglich ein industriell hergestelltes Präparat aus Drogenextrakten ist zur ergänzenden Behandlung von HIV- und Tumorpatienten zur Appetitanregung und Analgesie zugelassen. Die Droge wird aber in allen Kulturkreisen als Rauschmittel genutzt. In der Volksheilkunde wurde die Droge umfangreich, v.a. zur Herabsetzung des Schmerzempfindens bei Neuralgien, Migräne sowie bei Anfallsleiden eingesetzt. 2. Cannabis sativae fructus (syn. Fructus Cannabis, Semen Cannabis); Hanffrüchte (syn. Hanfkörner, Hanfsamen), die reifen Früchte (Nüßchen). Inh.: fettes Öl (20-35 %, u.a. mit Linol-, Linolen- und Ölsäure), Proteine (ca. 25 %), Cholin, Trigonellin, Isoleucin. Anw.: in der Volksheilkunde v.a. bei Gicht, Rheuma, als Expektorans bei Bronchitis sowie bei Beschwerden des Urogenitaltraktes, des Magen-Darm-Kanals und der Gallenwege. Die Anwendung der Droge ist heute obsolet, sie unterliegt aber keinen gesetzlichen Beschränkungen. In der Landwirtschaft wird sie als Viehfutter eingesetzt, das aus den Samen gepreßte fette Öl dient technischen Zwecken.
Hom.: 1. Cannabis HAB34; Hanf, die frischen, blühenden Stengelspitzen mit Blättern und Blüten von männlichen und weiblichen Pflanzen. Anw.-Geb.: Cystitis, Pyelitis, Nephritis, asthmatische Beschwerden. Die homöop. Drogenzubereitung unterliegt den gesetzlichen Bestimmungen des Betäubungsmittelgesetzes und ist daher nicht verkehrsfähig. 2. Cannabis indica HAB 34; Indischer Hanf, die getrockneten Krautspitzen (Haschisch). Anw.-Geb.: s. Cannabis HAB34, nicht verkehrsfähig.
Histor.: Die erste schriftliche Erwähnung findet der Hanf in einem Arzneibuch 2700 v.Chr. zur Zeit des chinesischen Kaisers Shen-Nungs. Dort wird die Droge (Cannabisharz) als Heilmittel bei Beriberi, Verstopfung, Frauenkrankheiten, Gicht, Malaria, Rheuma und Geisteskrankheiten empfohlen. Auch die psychotropen Wirkungen wurden erwähnt. In China und Indien gehörte die Droge zum normalen Arzneischatz und wird in der Volksheilkunde bis heute entsprechend den typischen Indikationen, u.a. nervöse Verstimmungen, Schlaflosigkeit, Erbrechen und Husten, verwendet. Herodot erwähnt die Droge ebenfalls, Bedeutung hatte sie aber im Abendland bis zu Paracelsus fast ausschließlich als Faserpflanze bzw. als Lieferant der ölreichen Samen. Die Nutzung als Heilmittel mit euphorisierender Wirkung beginnt in Europa erst im 19. Jh., so z.B. bei Schlaflosigkeit, Neuralgien, Rheumatismus, schmerzhaften Magen- und Darmerkrankungen, Tetanus, Cholera und Asthma. Der Extrakt der Triebspitzen diente als Sedativum und leichtes Schlafmittel. Bedingt durch die Einstufung als nichtverkehrsfähiges Betäubungsmittel besitzt die Droge heute keine praktische Bedeutung (Ausnahme: Hanffrüchte).



Cannabis sativa, Hanf



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