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Lexikon der Biochemie: Erythropoietin

Erythropoietin, EPO, erythropoetischer Faktor, Hämopoietin, Epoetin, ein monomeres Glycoprotein (Mr 30 kDa; 165 Aminosäurebausteine) mit einem Proteinanteil von etwa 60 %. Der hohe Kohlenhydratanteil ist durch drei N-Glycosylierungsstellen (Asn24, Asn38 und Asn83) sowie eine O-Glycosylierungsstelle (Ser126) gekennzeichnet. Physiologisch bewirkt das in der Nierenrinde gebildete E. eine schnelle Regulation und Anpassung der Bildung der roten Blutzellen (Erythropoese) an den Sauerstoffbedarf der Gewebe und Organe. E. wird zur Verhinderung und Behandlung von Anämien, insbesondere bei Dialysepatienten, aber auch bei Neugeborenen und Krebspatienten therapeutisch eingesetzt. Die Synthese erfolgt bei Bedarf hauptsächlich von adulten Nieren- und fetalen Leberzellen. Sauerstoffmangel im Gewebe (Hypoxie), z. B. bei Hämoglobinmangel oder bei der Höhenanpassung, ist ein wesentlicher Stimulator für die Synthese von E. Das gebildete E. gelangt über die Blutbahn ins Knochenmark, wo es nach Bindung an spezifische Rezeptoren die Proliferation und Differenzierung von Erythrocytenvorläuferzellen (CFU-E, BFU-E) zu reifen Erythrocyten stimuliert. Das Gen für das E. ist beim Menschen auf Chromosom 7 lokalisiert. Interessanterweise können auch Makrophagen in vitro E. produzieren. E. gehört neben dem Granulocyten-CSF (koloniestimulierende Faktoren) zu den am häufigsten gentechnisch hergestellten menschlichen Proteinen. So betrug 1995 der Umsatz weltweit etwa 2,6 Milliarden US-Dollar. Missbräuchlich wird es als Dopingmittel eingesetzt. Mittels kombinatorischer Techniken gelang es, ein 20 AS-Peptid mit keinerlei Sequenzhomologie zum nativen EPO zu entwickeln, das als Dimer an den dimerisierten EPO-Rezeptor bindet und die Bildung von Erythrocyten in vivo stimuliert. Wenngleich die Bindungsaffinität um den Faktor 1.000 geringer ist, konnte doch gezeigt werden, dass die dimerisierten Oligopeptidliganden jeweils mit beiden Rezeptormolekülen in Wechselwirkung treten und die Bindungsstellen partiell mit denen des nativen EPO überlappen. Die Überführung des 20 AS-Peptides in ein oral applizierbares Mimeticum wird angestrebt. [H. Pagel u. W. Jelkmann Dtsch. med. Wschr. 114 (1989) 957; N. C. Wrighton et al. Science 273 (1996) 458; O. Livnah et al. Science 273 (1996) 464]

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