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Lexikon der Biochemie: Glucosinolat

Glucosinolat, Senfölthioglucosid, Senfölglucosid, ein natürliches Pflanzenprodukt. G. kommen besonders in Cruciferen, Capparidaceen und Resedaceen vor. Bekannt sind mehr als 70 verschiedene G. (Tab.). G. sind 1-β-D-Thioglucopyranoside, wobei der Kohlenhydratrest immer aus einer einzelnen Glucoseeinheit besteht. Normalerweise ist das Kation Kalium, beim Sinalbin ist es jedoch das basische organische Molekül Sinapin. Bei einer alternativen Nomenklatur, die früher benutzt wurde, wird das Präfix "Gluco-" vor den passenden Teil des lateinischen Binomens der Ursprungspflanze gesetzt, z. B. Glucotropaeolin aus Tropaeolum majus.
Infolge einer Schädigung der Pflanze werden die G. hydrolysiert und flüchtige, scharfe, tränenreizende Isothiocyanate freigesetzt, die sog. Senföle. Wegen ihrer Fähigkeit, Senföle zu bilden, dienen verschiedene Mitglieder der Cruciferae (z. B. Meerrettich, Senf) als Würzmittel. Die Senföle sind in den Pflanzen normalerweise nicht vorhanden und werden erst gebildet, wenn eine Gewebeschädigung eine Wechselwirkung der G. mit der Thioglucosid-Glucohydrolase (EC 3.2.3.1) erlaubt. Die Aktivierung dieses Enzyms durch seinen Cofaktor Ascorbinsäure dürfte auch durch die Gewebeschädigung gefördert werden. Der enzymatischen Hydrolyse der S-Glucosid-Bindung folgt eine Molekülumlagerung des Aglycons bei gleichzeitiger Produktion von Sulfat und Isothiocyanat (Abb. 1). Wie bei den cyanogenen Glycosiden erfolgt auch die Biosynthese der G. aus Aminosäuren (Abb. 2).
Für Peronospora parasitica (Mehltau) ist Allylisothiocyanat hoch toxisch. Kohlarten, die auf milderen Geschmack gezüchtet wurden (und daher einen niedrigeren Sinigringehalt aufweisen), fehlt die Resistenz gegen das Pathogen. Sinigrin ist ein Fresslockstoff für die Kohlweißlinglarve (Pieris brassicae) und ein Eiablagestimulanz für das ausgewachsene Weibchen. Auch für die Kohlblattlaus stellt es einen Fresslockstoff dar, wobei die Kohlblattlaus reife Blätter mit mittlerem Sinigringehalt bevorzugt und junge Blätter mit sehr hohem Gehalt an diesem Glucosinolat meidet.



Abb. 1. Glucosinolat. Die Umwandlung eines Glucosinolats in das korrespondierende Isothiocyanat durch die Wirkung von Thioglucosid-Glucohydrolase.



Abb. 2. Glucosinolat. Vorgeschlagener Weg der Biosynthese von Glucosinolaten und cyanogenen Glycosiden aus Aminosäuren.

Tab. Glucosinolat. Einige Beispiele natürlich vorkommender Glucosinolate.

Glucosinolat
Quelle Formel
Sinalbin, Sinapinglucosinalbat,
Sinapin-4-hydroxybenzylglucosinolat
Sinapis alba (weißer und gelber
Senf)


Sinigrin, Allylglucosinolat, Sinigrosid, Kaliummyronat Brassica nigra (schwarzer Senf),
Amoracia rusticana (Meerrettich)


Benzylglucosinolat
Glucotropaeolin
Tropaeolum majus (Kapuzinerkresse)

Phenylethylglucosinolat
Gluconasturtiin
Nasturtium officinale (Brunnenkresse)

3-(Methylsulfonyl)-propylglucosinolat
Glucocheirolin
Cheiranthus cheiri (Mauerblümchen)

*2-Hydroxy-3-butenyl-glucosinolat,
Progoitrin,
Glucorapiferin
verschiedene Brassica-Spezies (insbesondere Gelbe Rübe)


* 2-Hydroxy-3-butenylisothiocyanat (S=C=N-CH2-CHOH-CH=CH2), das Senföl aus 2-Hydroxy-3-butenylglucosinolat, zyklisiert spontan zu 5-Vinyl-2-thiooxazolidon (Goitrin), das für die goitrogene Wirkung (Goitrogene) von Gelben Rüben und Rapsöl verantwortlich ist.

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