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Lexikon der Biochemie: Cannabis

Cannabis, eine Droge aus dem indischen Hanf (Cannabis sativa variatio indica) mit sedierenden, euphorisierenden und psychedelischen Eigenschaften. Wichtige Inhaltsstoffe sind das Δ9-Tetrahydrocannabinol (Δ9-THC, Abb., A) und etwa 60 chemisch verwandte Cannabinoide. Für die psychotrope Wirkung ist das 11-Hydroxy-Δ9-THC von entscheidender Bedeutung. Das nur in geringen Mengen in C. vorkommende Δ8-THC wirkt psychoaktiv. Als Droge wird C. unterschiedlich zubereitet. Haschisch besteht aus dem getrockneten harzartigen Sekret der weiblichen blühenden Hanfstaude und enthält 3-6% Δ9-THC. Marihuana ("Gras") ist ein tabakartiges Gemisch aus den getrockneten Blättern und Blüten der Pflanze und enthält 1-3% Δ9-THC. Haschischöl ist gekennzeichnet durch einen Gehalt von 30-50 % Δ9-THC. Die Wirkung von Δ9-THC und anderer Cannabinoide erfolgt über einen pharmakologisch eigenständigen Rezeptor, den Cannabinoid-Rezeptor (CB1-Rezeptor), der an ein GI-Protein (GTP-bindende Proteine) gekoppelt ist. Bei Rezeptoraktivierung wird die Adenylat-Cyclase gehemmt, wodurch Calciumkanäle blockiert werden. Die höchste Rezeptordichte herrscht in den Basalganglien, im Hippocampus und im Cerebellum vor. Das Rezeptorprotein besteht aus einer Polypeptidkette von 473 Aminosäurebausteinen und bildet sieben relativ hydrophobe Domänen aus. Der Rezeptor ist über sieben Transmembranregionen in der Zellmembran verankert. Durch Bindung von THC an den nach außen ragenden Bereich des Rezeptors wird an der Innenseite der Zellmembran das erwähnte GI-Protein aktiviert, das die Adenylat-Cyclase hemmt. Als endogene Liganden fungieren Ethanolamide ungesättigter Fettsäuren, insbesondere das Arachidonylethanolamid, Anandamid (Abb., B) genannt. Nach diesem natürlichen Liganden wird der Cannabinoidrezeptor inzwischen auch als Anandamid-Rezeptor bezeichnet. Die psychotropen Wirkungen von Cannabinoiden umfassen u.a. ein Gefühl der Entspannung, eine angenehme Apathie, eine milde Euphorie, verbunden mit intensiveren akustischen und optischen Wahrnehmungen. Chronischer Gebrauch führt zur Entwicklung von Toleranz und kann psychische Abhängigkeit, verbunden mit Persönlichkeitsveränderungen, nach sich ziehen. [R.M. Julien Drogen und Psychopharmaka, Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg 1997]



Cannabis. A, (-)-Δ9-Tetrahydrocannabinol. B, Anandamid.

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