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Kompaktlexikon der Biologie: Schwangerschaftsabbruch

Schwangerschaftsabbruch, Abruptio, Interruptio, durch einen Arzt künstlich herbeigeführte Fehlgeburt. Der umgangssprachlich für S. benutzte Begriff der Abtreibung meint im eigentlichen Sinne nur den rechtswidrigen S.

Ein S. wird entweder instrumentell, d.h. durch Ausschabung oder Absaugen der Frucht, oder medikamentös durchgeführt. Der medikamentöse S. kann in Deutschland seit November 1999 mit dem als RU 486 bekannt gewordenen Präparat Mifegyne® durchgeführt werden. Dies ist ein künstliches Hormon, das in seiner Struktur dem Progesteron ähnlich ist, das unerlässlich für den Erhalt und die Entwicklung der Schwangerschaft ist. Mifegyne® blockiert die Wirkung von Progesteron, es kommt zu einer Blutung und zum S. Zusätzlich muss ein Prostaglandinpräparat (Prostaglandine) eingenommen werden, das die Ausstoßung der abgestorbenen Frucht und der Fruchthüllen fördert. Der medikamentöse S. kann nur bis zum 49. Tag nach Beginn der letzten Monatsblutung angewendet werden.

Ein S. ist entweder zulässig, wenn eine ärztlich festgestellt Indikation vorliegt, oder – ohne Indikationsstellung – , wenn die schwangere Frau sich der gesetzlich vorgeschriebenen Beratung unterzogen hat und diese durch die Bescheinigung einer anerkannten Beratungsstelle bestätigt ist. Unter diesen Bedingungen darf der S. frühestens am vierten Tag nach Abschluss der Beratung vorgenommen werden und muss von einem Arzt/Ärztin bis zum Ende der zwölften Woche nach der Empfängnis (rechnerisch bis zum Ende der 14. Woche nach Beginn der letzten Menstruation) durchgeführt werden. In diesem Fall übernehmen die Krankenkassen lediglich die Kosten für die ärztliche Beratung vor dem S., für ärztliche Leistungen und Medikamente vor und nach dem Eingriff, die in erster Linie dem Schutz der Gesundheit dienen und, falls nötig, für die Behandlung von Komplikationen. Die Kosten für den Eingriff selber werden nur übernommen, wenn glaubhaft nachgewiesen werden kann, dass das Einkommen oder persönliche Vermögen der Schwangeren unterhalb einer bestimmten Grenze liegen.

Beim S. mit Indikation hingegen werden die Kosten des S. vollständig von den Kassen übernommen. Gesetzliche Indikationen sind die kriminologische Indikation und die medizinische Indikation. Eine kriminologische Indikation liegt vor, wenn die Schwangerschaft als Folge einer Straftat (Vergewaltigung) eingetreten ist. Auch hier darf der S. nur bis zum Ende der zwölften Woche nach Empfängnis durchgeführt werden. Keine gesetzliche Frist gibt es für die medizinische Indikation, die dann vorliegt, wenn die Fortsetzung der Schwangerschaft unter Berücksichtigung der gegenwärtigen und künftigen Lebensverhältnisse eine Gefahr für die körperliche und seelische Gesundheit der Schwangeren bedeutet. Sie kann auch in Betracht gezogen werden, wenn mit einer erheblichen gesundheitlichen Schädigung des Kindes zu rechnen ist (früher embryopathische oder eugenische Indikation), jedoch steht auch hier die Frage der Gefährdung der Schwangeren im Vordergrund.

Die Beratung muss „ergebnisoffen“ sein, die Entscheidung liegt letztlich bei der Schwangeren. Sie soll aber auch dem Schutz des ungeborenen Lebens dienen, die Frau zur Fortsetzung der Schwangerschaft ermutigen und ihr Perspektiven für ein Leben mit dem Kind aufzeigen. Außerdem soll sie über Rechtsansprüche und mögliche Hilfen informieren.

Weitere Informationen unter: www.profamilia.de

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Redaktion:
Dipl.-Biol. Elke Brechner (Projektleitung)
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Professor Dr. Siegbert Melzer, Institut für Pflanzenwissenschaften, ETH Zürich
Professor Dr. Walter Sudhaus, Institut für Zoologie, Freie Universität Berlin
Professor Dr. Wilfried Wichard, Institut für Biologie und ihre Didaktik, Universität zu Köln

Essayautoren:
Thomas Birus, Kulmbach (Der globale Mensch und seine Ernährung)
Dr. Daniel Dreesmann, Köln (Grün ist die Hoffnung - durch oder für Gentechpflanzen?)
Inke Drossé, Neubiberg (Tierquälerei in der Landwirtschaft)
Professor Manfred Dzieyk, Karlsruhe (Reproduktionsmedizin - Glück bringende Fortschritte oder unzulässige Eingriffe?)
Professor Dr. Gerhard Eisenbeis, Mainz (Lichtverschmutzung und ihre fatalen Folgen für Tiere)
Dr. Oliver Larbolette, Freiburg (Allergien auf dem Vormarsch)
Dr. Theres Lüthi, Zürich (Die Forschung an embryonalen Stammzellen)
Professor Dr. Wilfried Wichard, Köln (Bernsteinforschung)

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