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Lexikon der Chemie: Fettsäuren

Fettsäuren, gesättigte und ungesättigte aliphatische Monocarbonsäuren. Die Bezeichnung F. ist auf das Vorkommen zahlreicher, insbesondere höhermolekularer aliphatischer Monocarbonsäuren in den Fetten zurückzuführen. Diese F. sind meist geradzahlige, gesättigte oder ungesättigte, überwiegend unverzweigte Monocarbonsäuren. In der Natur vorkommende ungesättigte F. liegen in der Z-Konfiguration vor. In mehrfach ungesättigten F. sind die Ethengruppierungen durch CH2-Gruppen getrennt, d. h., sie sind nicht konjugiert. Diese strukturelle Besonderheit der natürlichen F. wird als Divinylmethanrhythmus bezeichnet. Kurzkettige F., von C4 bis C10, z. B. Buttersäure, sind hauptsächlich in den Milchfetten der Säugetiere enthalten. Palmitin- und Stearinsäure (16 bzw. 18 C-Atome) kommen in nahezu allen tierischen und pflanzlichen Fetten vor. Langkettige F. sind in den Hirnlipiden und in Wachsen zu finden. Die am häufigsten vorkommende ungesättigte F. ist die Ölsäure. In verschiedenen pflanzlichen fetten Ölen und in Fischleberölen sind auch mehrfach ungesättigte F. wie z. B. Linol- und Linolensäure enthalten, insbesondere im Leinöl. Diese mehrfach ungesättigten Säuren gehören zu den essentiellen F., die für den Menschen und für höhere Tiere zur Aufrechterhaltung der normalen Körperfunktionen lebensnotwendig sind und vom Organismus nicht synthetisiert werden können, sondern mit der Nahrung aufgenommen werden müssen. Sie haben Vitamincharakter und werden als Vitamin F bezeichnet.

Die Löslichkeit der F. hängt entscheidend von der Länge der Alkylkette ab. Mit steigender Kettenlänge sinkt die Löslichkeit in Wasser (etwa ab C4) und steigt die Löslichkeit in apolaren Lösungsmitteln. Die höheren F. können durch alkalische Hydrolyse von Fetten gewonnen werden.

Der Abbau der F. erfolgt durch β-Oxidation von Acyl-CoA-Derivaten, die vorher in einer ATP-verbrauchenden Reaktion von einer Acyl-CoA-Synthetase gebildet werden. Der Transport in die Mitochondrien, dem Ort der β-Oxidation, erfolgt als Carnitinester, die schließlich in der Mitochondrienmatrix wieder in Acyl-CoA zurückverwandelt werden. Im Zuge der β-Oxidation werden nacheinander C2-Einheiten in Form von Acetyl-CoA abgespalten, wodurch geradzahlige Fettsäuren zwangsläufig vollständig zu Acety-CoA abgebaut werden. Die β-Oxidation ist charakterisiert durch vier sich wiederholende Reaktionen. Im ersten Schritt wird unter der Katalyse der FAD-haltigen Acyl-CoA-Dehydrogenase eine trans-α,β-Doppelbindung gebildet. Durch die Enoyl-CoA-Hydratase erfolgt die Bildung von 3-L-Hydroxyacyl-CoA, das unter der Katalyse der 3-L-Hydroxyacyl-CoA-Dehydrogenase zur entsprechenden β-Ketoacyl-CoA-Verbindung dehydriert wird. Thiolytisch erfolgt dann die Spaltung der Cα-Cβ-Bindung durch die β-Ketoacyl-CoA-Thiolase, wobei Acetyl-CoA und ein um zwei C-Atome verkürztes neues Acyl-CoA-Intermediat gebildet wird. Die im Zuge der β-Oxidation gebildeten Reduktionsäquivalente NADH + H+ und FADH2 fließen in die Atmungskette ein und dienen der ATP-Synthese, während Acetyl-CoA über den Citratcyclus vollständig oxidiert wird. Ungesättigte und ungeradzahlige F. werden ebenfalls durch β-Oxidation jedoch unter Mitwirkung weiterer Enzyme abgebaut.

Die Biosynthese der F. findet im Cytosol statt, wobei die wachsende Fettsäurekette am Acyl-Carrier-Protein (ACP) verestert vorliegt. Die Synthese von Palmitinsäure als Primärprodukt der Synthese von F. bei Tieren erfolgt aus Acetyl-CoA und Malonyl-CoA unter Katalyse der Fettsäure-Synthase, eines aus zwei identischen Untereinheiten aufgebauten multifunktionellen Enzyms. Die biotinabhängige Acetyl-CoA-Carboxylase sorgt für die Bildung von Malonyl-CoA, das durch die Malonyl-CoA-ACP-Transacylase an das ACP angeknüpft wird. Der zweite Reaktionspartner, Acetyl-CoA, wird an eine Thiolfunktion des kondensierenden Enzyms, der β-Ketoacyl-ACP-Synthase, angelagert. Unter Decarboxylierung erfolgt die Bildung des ersten Kondensationsproduktes Acetoacetyl-CoA, das durch enzymatische Reduktion, Dehydratisierung und weitere Reduktion Butyryl-ACP liefert. Nach Übertragung des Butyryl-Restes auf die Thiolfunktion der β-Ketoacyl-CoA-Synthase-Domäne wird nach sechsmaliger Wiederholung der aufgezeigten Reaktionsschritte Palmitoyl-ACP gebildet, das durch die Palmitoyl-Thioesterase freigesetzt wird. Die Stöchiometrie der Biosynthese der Palmitinsäure lautet: Acetyl-CoA + 7 Manoyl-CoA + 14 NADPH + 7 H+ → Palmitinsäure + 7 CO2 + 14 NADP+ + 8 CoA + 6 H2O.

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