Direkt zum Inhalt

Lexikon der Chemie: Analyse

Analyse, die Untersuchung und Ermittlung der Zusammensetzung eines Stoffes oder Stoffgemisches. Nach dem Ziel der Untersuchung unterscheidet man qualitative, quantitative und Strukturanalyse.

Qualitative A. Sie dient zur Ermittlung der Art der Bestandteile eines Stoffes. Dabei kann es sich um Elemente oder Ionen handeln, wie es hauptsächlich bei anorganischen Stoffen der Fall ist, oder um funktionelle Gruppen, wie bei den meisten organischen Verbindungen. Deshalb wird die qualitative A. auch in einen anorganischen und organischen Teil untergliedert. Qualitative A. lassen sich sowohl mit chem. als auch mit physikalischen Methoden durchführen. Im folgenden soll hauptsächlich auf die chem. Methoden eingegangen werden. Die physikalischen Methoden lassen sich auch zur quantitativen und Strukturanalyse verwenden und sind deshalb unter diesen Teilgebieten aufgeführt. Die qualitative A. mit chem. Methoden beginnt mit Vorproben. Danach versucht man die meistens in fester Form vorliegende Probe in Lösung zu bringen, wodurch auch eine Homogenisierung der Probe erreicht wird. Gelingt dies nicht oder nur teilweise, so ist mit der Probe oder dem unlöslichen Rückstand ein Aufschluß durchzuführen. In der so erhaltenen Probelösung werden dann die einzelnen Bestandteile durch Zusatz von Reagenzien überwiegend aufgrund von eintretenden Fällungen oder Farbveränderungen nachgewiesen. Die Empfindlichkeit solcher Nachweisreaktionen läßt sich durch die Grenzkonzentration und die Erfassungsgrenze charakterisieren. Ein Nachweis ist aber nur dann eindeutig, wenn das verwendete Reagenz spezifisch nur mit dem gesuchten Bestandteil reagiert. Die meisten Nachweisreagenzien reagieren jedoch mit mehreren Bestandteilen, sie sind nur selektiv, so daß die Nachweisreaktion mehrdeutig ausfällt. Deshalb teilt man die Gesamtheit der nachzuweisenden Bestandteile durch einfache Trennoperationen in Gruppen auf (Trennungsgang). Auf diese Weise ist es möglich, mit chem. Methoden die qualitative Zusammensetzung aller anorganischen Stoffe eindeutig zu ermitteln. Dies kann auch mit sehr kleinen Probemengen als Mikroanalyse erfolgen. Eine spezielle Art davon ist die Tüpfelanalyse.

Bei der qualitativen organischen A. lassen sich die vorhandenen Elemente zwar leicht mit einfachen Vorproben nachweisen. Definierte Verbindungen lassen sich jedoch nur schwierig oder überhaupt nicht mit chem. Methoden identifizieren. Deshalb ermittelt man zunächst die vorhandenen funktionellen Gruppen, z. B. Carboxyl-, Carbonyl-, Hydroxyl-, Amino-, Nitro-, Mercapto- und Sulfonsäuregruppen mit chem. Methoden. Dabei sind oftmals Trennoperationen, wie Destillation, Extraktion, Kristallisation, aber vor allem die Methoden der Chromatographie, notwendig, die man auch zu einem Trennungsgang für organische Verbindungen kombiniert hat. Die Identifizierung der getrennten Verbindungen erfolgt dann oftmals an Hand der Stoffkonstanten oder mit speziellen physikalischen Methoden. Bei allen qualitativen A. erhält man aus dem Verlauf der Nachweisreaktion oder aus der Intensität des Signals einer physikalischen Methode auch Hinweise auf die vorhandene Menge des ermittelten Bestandteils.

Im Gegensatz zu den physikalischen Methoden ist der apparative Aufwand bei den chem. Methoden sehr gering.

Quantitative A. Diese dient zur Ermittlung der Menge der einzelnen Bestandteile eines Stoffes. Ihre Durchführung setzt die Kenntnis der qualitativen Zusammensetzung der Probe voraus. In vielen Fällen ist das Ergebnis einer quantitativen A. von großer wirtschaftlicher Bedeutung, z. B. bei der Bestimmung des Metallgehaltes von Erzen, der Kontrolle der Zusammensetzung von Legierungen oder der Qualitätsüberwachung von Produkten der chem. Industrie. In diesen Fällen, bei denen die Analysenprobe aus großen Mengen eines Materials entnommen werden muß, ist eine sorgfältige Probenahme notwendig. Zur Durchführung einer quantitativen A. ist eine Vielzahl von verschiedenen physikalischen und chem. Methoden bekannt. Chem. Methoden erfordern nur einen geringen apparativen Aufwand und bedürfen kaum einer Kalibrierung, da ihnen die Gesetze der Stöchiometrie zugrunde liegen. Ihr Nachteil ist der häufig hohe Zeitbedarf der Durchführung und die geringe Eignung für die A. von Serien.

Die in fester Form vorliegenden Proben müssen – wie bei der qualitativen A. – bei der Anwendung chem. Methoden zunächst gelöst werden, gegebenenfalls durch einen Aufschluß. Vor der eigentlichen Bestimmung ist dann zusätzlich oftmals noch eine Trennung des zu bestimmenden Bestandteils von anwesenden störenden Komponenten erforderlich. Dies kann durch Extraktion oder mit Hilfe der Methoden der Chromatographie geschehen. Durch Anwendung von Maskierungsmitteln können solche Trennungen in manchen Fällen umgangen werden.

Die chem. Methoden der quantitativen A. können wie folgt unterteilt werden: 1) Gravimetrie; 2) Volumetrie; 3) elektrochem. Analysenverfahren, z. B. Amperometrie, Coulometrie, Konduktometrie, Polarographie und Potentiometrie; 4) optische Verfahren, z. B. Kolorimetrie, Nephelometrie und Photometrie.

Die physikalischen Methoden der quantitativen A. sind im Gegensatz zu den chem. Methoden keine Absolutverfahren und bedürfen deshalb einer Kalibrierung. Der Vorteil der physikalischen Methoden liegt in der geringen Analysendauer, der besonderen Eignung für Serienanalysen und auch der häufig einfacheren Probenvorbereitung. Nachteilig sind die höheren Investitionskosten. Eine Unterteilung dieser Methoden kann nach den ihnen zugrunde liegenden physikalischen Vorgängen erfolgen. So unterscheidet man 1) Atomspektroskopie, z. B. Atomemissionsspektrometrie, Atomabsorptionsspektrometrie und Atomfluoreszenzspektrometrie; 2) Röntgenspektroskopie, z. B. Röntgenfluoreszenzanalyse; 3) radiochem. Verfahren, z. B. Aktivierungsanalyse; 4) Massenspektrometrie.

Auch die bei der Strukturanalyse angewandten spektroskopischen Verfahren lassen sich in speziellen Fällen für die quantitative A. verwenden.

In den letzten Jahren haben immunologische Methoden zur quantitativen Bestimmung vor allem von Hormonen und Pharmaka in biologischen Systemen große Bedeutung erlangt (Radioimmuno assay).

Das Ergebnis einer quantitativen A. wird meistens in Masse-% der ermittelten Bestandteile angegeben. Werden alle Bestandteile eines Stoffes quantitativ bestimmt, so bezeichnet man dies als Vollanalyse.

Auch nach der Menge der angewandten Probe können die Verfahren und Methoden der A. unterteilt werden: Makroanalysen benötigen etwa 1 g Probe, während Mikroanalysen nur 10-6 bis 10-3 g erfordern.

Eine weitere Unterteilung kann nach den Gehalten der Bestandteile eines Stoffes erfolgen. Man definiert als A. der Hauptbestandteile den Bereich von 10 bis 100 Masse-%, als A. der Nebenbestandteile den Bereich von 1 bis 10 Masse-% und als Spurenanalyse den Bereich unter 1 Masse-%. Daneben hat sich traditionell auch noch eine Unterteilung der Methoden der A. nach der Art des untersuchten Stoffes gehalten. So unterscheidet man z. B. die Methoden der 1) Elementaranalyse, 2) Gasanalyse, 3) klinische Analyse, 4) Metallanalyse, 5) Silicatanalyse und 6) Wasseranalyse usw.

Die Leistungsfähigkeit der verschiedenen Analysenmethoden kann nicht allgemein charakterisiert werden. Sind doch z. B. die durch Anwendung statistischer Methoden erhaltenen Werte für die Reproduzierbarkeit und Richtigkeit von Ergebnissen einer Analysenmethode auch von der Art und Zusammensetzung der Probe abhängig (Nachweisgrenze, Bestimmungsgrenze) Dagegen lassen sich die Nachweisgrenzen der verschiedenen Methoden relativ genau festlegen.

Die Strukturanalyse hat die Aufklärung der Struktur einer Verbindung zum Ziel. Sie ist vor allem für die organische Chemie von großer Bedeutung, wird aber auch in der anorganischen Chemie, besonders in der Komplexchemie, angewandt. Dabei muß die Probe als reine, einheitliche Substanz und nicht als Gemisch vorliegen. Bei der Strukturanalyse werden hauptsächlich Methoden der Molekülspektroskopie, z. B. Infrarotspektroskopie, UV-VIS-Spektroskopie und NMR-Spektroskopie in Kombination mit der Massenspektrometrie angewandt. Diese Methoden liefern primär keine Aussagen über die Struktur einer Verbindung, sondern nur Kenntnisse über die Energieaufnahme eines Moleküls. Der mittelbare Zusammenhang zwischen der Struktur des Moleküls und dem Signal der Methode läßt sich nur aufgrund von empirischen Vergleichen interpretieren. Eine Kombination der Ergebnisse der verschiedenen Methoden liefert dann häufig eine eindeutige Aussage über die Struktur der untersuchten Verbindung. Allerdings gelingt es auf diese Weise nicht, Angaben über die Bindungslängen und Bindungswinkel in größeren Molekülen zu erhalten. Eine vollständige Strukturaufklärung auch sehr kompliziert gebauter Verbindungen ist nur mit Beugungsmethoden, wie der Röntgenbeugung und Elektronenbeugung, als Röntgenstrukturanalyse möglich. Sie läßt sich allerdings nur auf feste Stoffe in Form von Einkristallen anwenden und erfordert bei der Auswertung einen außerordentlich umfangreichen Rechenaufwand durch moderne elektronische Datenverarbeitung. Als Ergebnis erhält man ein vollständiges Bild der Struktur der untersuchten Verbindung, das allerdings exakt nur für den kristallinen Zustand gilt und nur bedingt Aussagen über die Struktur in Lösungen oder in der Gasphase gestattet.

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

  • Die Autoren
Dr. Andrea Acker, Leipzig
Prof. Dr. Heinrich Bremer, Berlin
Prof. Dr. Walter Dannecker, Hamburg
Prof. Dr. Hans-Günther Däßler, Freital
Dr. Claus-Stefan Dreier, Hamburg
Dr. Ulrich H. Engelhardt, Braunschweig
Dr. Andreas Fath, Heidelberg
Dr. Lutz-Karsten Finze, Großenhain-Weßnitz
Dr. Rudolf Friedemann, Halle
Dr. Sandra Grande, Heidelberg
Prof. Dr. Carola Griehl, Halle
Prof. Dr. Gerhard Gritzner, Linz
Prof. Dr. Helmut Hartung, Halle
Prof. Dr. Peter Hellmold, Halle
Prof. Dr. Günter Hoffmann, Eberswalde
Prof. Dr. Hans-Dieter Jakubke, Leipzig
Prof. Dr. Thomas M. Klapötke, München
Prof. Dr. Hans-Peter Kleber, Leipzig
Prof. Dr. Reinhard Kramolowsky, Hamburg
Dr. Wolf Eberhard Kraus, Dresden
Dr. Günter Kraus, Halle
Prof. Dr. Ulrich Liebscher, Dresden
Dr. Wolfgang Liebscher, Berlin
Dr. Frank Meyberg, Hamburg
Prof. Dr. Peter Nuhn, Halle
Dr. Hartmut Ploss, Hamburg
Dr. Dr. Manfred Pulst, Leipzig
Dr. Anna Schleitzer, Marktschwaben
Prof. Dr. Harald Schmidt, Linz
Dr. Helmut Schmiers, Freiberg
Prof. Dr. Klaus Schulze, Leipzig
Prof. Dr. Rüdiger Stolz, Jena
Prof. Dr. Rudolf Taube, Merseburg
Dr. Ralf Trapp, Wassenaar, NL
Dr. Martina Venschott, Hannover
Prof. Dr. Rainer Vulpius, Freiberg
Prof. Dr. Günther Wagner, Leipzig
Prof. Dr. Manfred Weißenfels, Dresden
Dr. Klaus-Peter Wendlandt, Merseburg
Prof. Dr. Otto Wienhaus, Tharandt

Fachkoordination:
Hans-Dieter Jakubke, Ruth Karcher

Redaktion:
Sabine Bartels, Ruth Karcher, Sonja Nagel


Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.