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Lexikon der Chemie: Polyine

Polyine, Polyacetylene, organische Verbindungen mit zwei oder mehreren konjugierten Kohlenstoff-Dreifachbindungen -C≡C- im Molekül. P. sind mit zunehmender Zahl an konjugierten Dreifachbindungen instabil. Während die unsubstituierten und einseitig an einem Kettenende substituierten P. bereits mit drei konjugierten Dreifachbindungen so instabil sind, daß sie bei tiefen Temperaturen explodieren, sind die an beiden Kettenenden substituierten P. etwas haltbarer. Die P. neigen besonders unter Lichteinwirkung zur Polymerisation, wobei aus Diethinverbindungen (zwei konjugierte Dreifachbindungen) braune bis rote, aus Tetraethinverbindungen (vier konjugierte Dreifachbindungen) dunkelblaue und aus allen P. mit mehr als vier konjugierten Dreifachbindungen schwarze Polymerisate entstehen, die die gleiche Zusammensetzung wie die Ausgangsstoffe haben und in allen Lösungsmitteln völlig unlöslich sind. Die Polymerisation findet in der Regel in Substanz statt. Im Gegensatz zu den Polyenen sind die P. unempfindlich gegenüber Sauerstoff. Wasserstoff wird von den P. leicht aufgenommen. Mit partiell vergifteten Katalysatoren kann auch eine selektive Hydrierung zu Polyenen gelingen. Etwas andere Eigenschaften als die reinen P. haben die Verbindungen, die außer den konjugierten Dreifachbindungen noch Doppelbindungen im Molekül enthalten, z. B. die Diphenyl-Polyine. In der Natur kommen einige P. vor, die neben den konjugierten Dreifachbindungen noch Doppelbindungen im Molekül tragen. So wurden der Matricariaester, der Dehydromatricariaester, der Lachnophyllumester und die Erythrogensäure als Vertreter der P. aus verschiedenen Korbblütlern isoliert. Einige antibiotisch wirksame P. des Pflanzenreiches sind das Mycomycin aus Norcardia acidophilus, Nemotin und Nemotin A aus Basidienpilzen. Unter den Toxinen ließen sich das Önanthotoxin und das Cicutoxin aus Oenanthe crocata bzw. Cicute virosa als P. identifizieren.

P. und vor allem Polyinnitrile wurden als eine der wesentlichen Quellen für kohlenstoffhaltige Verbindungen im interstellaren Raum erkannt. Das bisher komplizierteste Polyinmolekül ist das 1982 von kanadischen Wissenschaftlern durch Mikrowellenspektroskopie nachgewiesene Decapentainnitril: H-[C≡C-]5C≡N.

Das erste technisch hergestellt P. ist Cupren. Es entsteht durch Einleiten von Ethin in heißes Öl in Gegenwart eines Kupferpulvers. Die Dimerisierung des Ethins führt zu Monovinylethin (Monovinylacetylen, Abk. Mova), die Trimerisierung ergibt Divinylethin (Divinylacetylen, Abk. Diva). Polymere des Ethins gewinnen aufgrund ihrer hohen elektrischen Leitfähigkeit zunehmend an Bedeutung für die Mikroelektronik.

Eine wiederaufladbare Polyacetylenbatterie besteht aus zwei Polymerfolien, die in einen Elektrolyten aus Lithiumperchlorat in Propylencarbonat eintauchen. Beim Anlegen einer Gleichspannung wird die Kathode mit Lithium, die Anode mit Perchlorat dotiert. Das erhaltene Element hat eine Leerlaufspannung von 3,8 Volt.

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