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Lexikon der Ernährung: Trichinellose

Trichinellose, Trichinose, Trichinelliasis, Trichinenbefall, Trichinenkrankheit, E trichinosis, trichiniasis, eine weltweit vorkommende, mild bis tödlich verlaufende Zoonose. Die Wurmerkrankung (Helminthose) ist die Folge einer lebensmittelbedingten parasitären Infektion mit Nematoden der Gattung Trichinella. T. kommt bei Carnivoren in allen Ländern vor. In Deutschland führte die T. zu ersten Maßnahmen der Fleischuntersuchung mit der Einführung einer amtlichen „Trichinenschau“ 1863 in Sachsen-Gotha (Fleischbeschau). Da in Deutschland Trichinen sowohl bei Haus- als auch Wildtieren sehr selten sind (u. a. Wildschwein bis zu 0,01 %, Fuchs bis zu 0,1 %), ist die T. überwiegend eine Importkrankheit, die im Ausland erworben oder durch Fleisch- oder Fleischwarenimporte hervorgerufen wird. Die Letalität liegt bei 5–11 %.
Infektionsquellen für den Menschen sind rohes, ungenügend erhitztes oder nicht ausreichend tiefgefrorenes Fleisch oder Fleischprodukte verschiedener Tierarten (u. a. Hausschwein, Wildschwein, Pferd). Muskeltrichinen sind gegenüber Umwelteinflüssen sehr widerstandsfähig und bleiben bei Kühlung von +2  bis  +4 °C ca. 300 Tage lebensfähig, vermögen Fleischtrocknung und -pökelung zu überleben und sind in faulendem Fleisch mindestens vier Monate infektiös. Fleisch von potenten Wirtstieren sollte nur dann roh verzehrt werden, wenn eine ordnungsgemäße Trichinenschau erfolgte.
Krankheitsverlauf: Nach dem Genuss von trichinösem Muskelfleisch entwickeln sich die Trichinenlarven in der Schleimhaut des Dünndarmes zu adulten, geschlechtsreifen Würmern. Die Weibchen gebären nach der Begattung bis zu 1.500 Larven, die über das Lymphgefäßsystem und das Portalvenenblut in den arteriellen Kreislauf gelangen und in die Muskelgewebe wandern, bevorzugt werden dabei gut durchblutete Muskeln wie Zwerchfell-, Nacken-, Kau- und Augenmuskulatur sowie Muskulatur des Schultergürtels einschließlich der Oberarme. Die ca. 1 mm langen, 15–21 Tage nach der Infektion bereits infektionstüchtigen Larven sind spiralförmig aufgerollt und nach unterschiedlich langer Zeit von einer verkalkten Kapsel von ca. 0,4 mm Größe umgeben, in der die Larven bis zu 30 Jahre entwicklungsfähig bleiben. Beim Menschen treten während der Entwicklungsabläufe des Nematoden im Darm fieberhafte Magen-Darm-Störungen mit Brechreiz, Durchfall und Bauchschmerzen auf. Während der Cystenbildung überwiegen meist uncharakteristische Symptome wie Muskelschmerzen, Steifheit, Kreislaufbeschwerden sowie Heiserkeit und Schluckbeschwerden. Dazu kommen charakteristische Symptome, u. a. Ödembildung der Augenlider, der Unterkiefer, in der Knöchelgegend sowie Kopfschmerzen und evtl. Sehstörungen. Gefährliche Komplikationen sind Herzmuskelentzündungen (Myocarditis), Gehirnentzündung (Encephalitis) und Sekundärinfektionen. Der Schweregrad der Symptome ist von der Zahl der aufgenommenen Larven abhängig.
Die epidemiologische Situation in Europa ist derzeit durch die Dominanz der sylvatischen T., E silvatical trichiniasis, geprägt, die in silvatischen (an Waldgebiete gebundene) Zyklen unter wildlebenden Tieren existiert und aufrechterhalten wird. Daneben existiert die synanthrope Trichinellose, E synanthropic trichiniasis, bei der hauptsächlich Schwein und Ratte, seltener Pferd, Hund, Katze und andere Tierarten eine epidemiologische Rolle als Erregerreservoir spielen.

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