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Lexikon der Neurowissenschaft: Demenz

Demenz w [von latein. demens = unvernünftig], E dementia, Krankheitssyndrom, das durch eine erworbene, irreversible Minderung der kognitiven Funktionen gekennzeichnet ist, verbunden mit Verminderung des Gedächtnisses, des Intellekts, des Kritikvermögens, des logischen Denkens sowie der Persönlichkeit. Der Bewußtseinszustand (Bewußtsein) ist dabei nicht beeinträchtigt. In den meisten Fällen ist der Verlauf schleichend über Jahre, er kann jedoch auch innerhalb von wenigen Wochen bis Monaten zum Endstadium führen. Zusätzliche diagnostische Kriterien sind Vergeßlichkeit mit Verlust der zeitlichen, örtlichen und schließlich autopsychischen Orientierung, Konzentrationsschwächen, Wahrnehmungsstörungen, Stimmungsschwankungen sowie eine Reduktion der Interessensphäre. Die Prävalenz liegt bei etwa 25 zu 10000, die Inzidenz bei 5 zu 10000. – Man kann die Demenzen unterteilen in präsenile Demenz (vor dem 65. Lebensjahr, z.B. Pick-Krankheit) und senile Demenz (nach dem 65. Lebensjahr, Altersdemenz). Die häufigste Demenz ist die Altersdemenz. So nimmt die Prävalenz der Demenz mit zunehmendem Alter stetig zu; mehr als 20% der über 80-jährigen Menschen sind betroffen. Altersdemenzen sind streng abzugrenzen von der "gutartigen" Vergeßlichkeit im Alter, welche zwar ebenfalls mit einer Verlangsamung der kognitiven Funktionen einhergeht, jedoch nur selten zu Störungen der autopsychischen Orientierung und der Integration im sozialen Umfeld führt. – Die Erkennung und Diagnose einer Demenz bereitet im allgemeinen keine größeren Schwierigkeiten; das differentialdiagnostische Spektrum der ursächlichen Erkrankungen ist jedoch außerordentlich breit. Als Ursachen kommen fortschreitende degenerative Erkrankungen des Zentralnervensystems (z.B. Alzheimer-Krankheit, Creutzfeldt-Jakob-Krankheit u.a.) vor; daneben treten Demenzen in Zusammenhang mit vaskulären Störungen (z.B. Multi-Infarkt-Syndrom, Binswanger-Encephalopathie, Vaskulitis u.a.), in Zusammenhang mit metabolischen Störungen (z.B. Leukodystrophien, Wilson-Krankheit u.a.), als Folgen von chronischen Intoxikationen (z.B. nach längerem Drogen- oder Alkoholkonsum u.a.), in Verbindung mit Störungen des Endokriniums und des Vitaminhaushalts (z.B. Hypothyreose, Pellagra u.a.) sowie als Begleitsymptom einer neurologischen Grunderkrankung (Parkinson-Krankheit, Hydrocephalus, Meningitis carcinomatosa, u.a.) auf. Die häufigste Ursache der Demenz ist die Alzheimer-Krankheit. An zweiter Stelle, in ca. 20% der Fälle, stehen die vaskulären Ursachen. Die Demenz in Zusammenhang mit übermäßigem Alkoholmißbrauch ist ebenfalls relativ häufig. Die Demenzen durch chronische Infektionen haben durch AIDS auch bei jungen Menschen zunehmend an Bedeutung gewonnen (bis 40% der Patienten mit HIV entwickeln im späteren Krankheitsverlauf eine Demenz). – Man kann die subakuten Demenzen (z.B. Creutzfeldt-Jakob-Krankheit) von den chronisch fortschreitenden Demenzen unterscheiden; klinisch relevanter ist die Unterscheidung von therapierbaren und nicht-therapierbaren ursächlichen Grunderkrankungen, nach denen sich die Behandlung richtet. In den meisten Fällen kann jedoch nur ein weiteres Fortschreiten der Krankheit und der Demenz verhindert werden. Nach der Definition ist eine Demenz irreversibel und demnach nicht therapierbar, jedoch können die Ursachen dafür durchaus reversibel sein (z.B. bei einer chronischen Alkoholintoxikation) oder man kann gar einer drohenden Demenz vorbeugen (z.B. bei Stoffwechselstörungen). In ca. 70% der Fälle ist jedoch die Ursache nicht behandelbar, und die Therapie beschränkt sich auf die Unterstützung des Patienten und seines Umfeldes.

A.A./G.H.

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