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Lexikon der Neurowissenschaft: Diabetes mellitus

Diabetes mellitus m, Zuckerharnruhr, Zuckerkrankheit, E diabetes mellitus, Krankheitsbegriff für verschiedene Formen der Glucosestoffwechselstörung mit unterschiedlicher Ursache, die auf einem Mangel an Insulin beruht. Bei chronischem Verlauf entwickeln sich Spätschäden (diabetische Polyneuropathie, diabetische Retinopathie, Durchblutungsstörungen und Arteriosklerose mit Gefahr von Herz- oder Hirninfarkt). – Nach der WHO (1980) klassifiziert man den Diabetes mellitus in den Typ-I-Diabetes (insulinabhängiger Diabetes = juveniler Diabetes) und den Typ-II-Diabetes (insulinunabhängiger Diabetes = Alters-Diabetes). Beim Typ-I-Diabetes handelt es sich um eine Autoimmunkrankheit mit Antikörpern gegen die β-Zellen der Langerhansschen Inseln, wobei die β-Zellen vom Immunsystem zerstört werden ( siehe Zusatzinfo ). Ein Diabetes kann auch sekundär auftreten nach Therapie mit Glucocorticoiden (Steroid-Diabetes) oder in der Folge einer innersekretorischen Störung durch Überproduktion von Somatotropin oder adrenocorticotropem Hormon. Durch den Insulinmangel ist die Glucose-Verwertung vermindert, durch die vermehrt anfallenden Ketocarbonsäuren entsteht eine Übersäuerung des Organismus und damit das lebensbedrohliche ketoacidotische Coma diabeticum. Beim Alters-Diabetes tritt überwiegend das hyperosmolare Coma diabeticum auf, das die Folge der übermäßigen Flüssigkeitsausscheidung ist. Beide Formen führen schnell zu tiefer Bewußtlosigkeit (Bewußtseinsstörungen, Koma). Durch die Therapie mit Insulin sterben heute weniger als 1% der Diabetiker am Koma. Der Krankheitsverlauf wird vielmehr durch die Spätkomplikationen bestimmt, die ganz wesentlich von einer konsequenten Therapie abhängen. Die Therapie erfolgt beim Typ I mit Diät und Insulin, beim Typ II mit Gewichtsreduktion und Diät. Leptin.

Diabetes mellitus

Sehr früh treten bei Typ-I-Diabetes Antikörper gegen das Enzym Glutaminsäure-Decarboxylase auf. Dieses Enzym synthetisiert γ-Aminobuttersäure (GABA), den wichtigsten inhibitorischen Neurotransmitter im Gehirn und vermutlich ein parakrines Signalmolekül in den Langerhansschen Inseln. Das Enzym wird in zwei Isoformen synthetisiert (GAD 65 und GAD 67), die das Produkt zweier unterschiedlicher Gene sind. Sie unterscheiden sich am stärksten in ihrem aminoterminalen Bereich. GAD wurde auch als Autoantigen beim stiff man syndrome identifiziert. Interessanterweise trat bei vielen Patienten mit dieser Krankheit in einem späten Stadium Typ-I-Diabetes auf. Bei den beiden Autoimmunkrankheiten richtet sich die Immunantwort also gegen die beiden Gewebe, in denen GAD exprimiert wird. Neben den Autoantikörpern gegen GAD konnte in einem Maus-Modell für Typ-I-Diabetes (den sogenannten NOD-Mäusen) auch eine zelluläre Antwort gegen GAD festgestellt werden. Diese richtet sich gegen GAD 65. Eine mögliche Erklärung für die fehlende Immuntoleranz liegt in der Ähnlichkeit zwischen den beiden Isoformen des Enzyms. Eine Immuntoleranz wird nach dieser Erklärungsmöglichkeit nur für die am frühesten in der Ontogenese exprimierte Form des Enzyms (GAD 67) erzeugt. Die später exprimierte Form sieht zwar ähnlich aus, ist aber doch unterschiedlich genug, um eine Autoimmunantwort zu induzieren, d.h., es kommt zu einem Bruch der Immuntoleranz.

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