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Lexikon der Optik: Lichtstreuung

Lichtstreuung, durch kleine Teilchen verursachte Ablenkung des Lichtes beim Durchgang durch ein Medium. Der Winkel zwischen Einfalls- und Streurichtung heißt Streuwinkel.

Zur Beschreibung der Intensität der in eine bestimmte Richtung (gekennzeichnet durch die Polarkoordinaten ϑ, ϕ bezüglich der Einfallsrichtung) gestreuten Strahlung dient der differentielle Streuquerschnitt σ(ϑ,ϕ). Er ist definiert als das Verhältnis der Strahlstärke J(ϑ,ϕ)=dφ(ϑ,ϕ)/dΩ der gestreuten Strahlung zu der Strahlungsflußdichte D=dφ0/dF der – als ebene Welle gedachten – einfallenden Strahlung. Dabei bezeichnen φ und φ0 den betreffenden Strahlungsfluß, dΩ = sinϑdϑdϕ das Raumwinkel- und dF das Flächenelement. Es gilt also


Die Richtungsabhängigkeit des differentiellen Streuquerschnittes wird häufig in Polardiagrammen, den Streu- oder Strahlendiagrammen, dargestellt. Unter dem totalen Streuquerschnitt σtot versteht man das Verhältnis des Strahlungsflusses der insgesamt (in alle Richtungen) gestreuten Strahlung zur Strahlungsflußdichte der einfallenden Strahlung. σtot ergibt sich demnach durch Integration von σ(ϑ,ϕ) über den gesamten Raumwinkel 4π:σtot=∫σ(ϑ,ϕ)dΩ. Sowohl der differentielle als auch der totale Streuquerschnitt haben die Dimension einer Fläche. Die beiden Größen können sowohl auf ein einzelnes streuendes Teilchen als auch auf ein makroskopisches Volumen V des streuenden Mediums bezogen werden. Im zweiten Falle erhält man aus dem totalen Streuquerschnitt σtot(V) (der proportional zu V ist) durch Division durch V den Streukoeffizienten b. Er beschreibt ähnlich wie der Absorptionskoeffizient die (in diesem Falle durch Streuung verursachte) Verminderung der Intensität I des einfallenden Lichtes beim Durchgang durch das Medium, und zwar gilt für die Intensitätsänderung längs der Strecke dx:dI=-bIdx. Häufig ist der Streukoeffizient wesentlich kleiner als der Absorptionskoeffizient, er muß aber bei geringer Absorption des Mediums berücksichtigt werden. Die Summe aus dem Streu- und dem Absorptionskoeffizienten ist nach DIN als Schwächungskoeffizient zu bezeichnen.

Bei hohen Dichten der streuenden Teilchen und/oder großen Streuquerschnitten kann es dazu kommen, daß das Streulicht selbst wieder gestreut wird, wobei sich dieser Vorgang mehrfach wiederholen kann. Man spricht dann von Mehrfachstreuung, im Gegensatz zur Einfachstreuung.

Je nachdem, ob bei der L. eine Frequenzänderung des Lichtes stattfindet oder nicht, liegt unelastische oder elastische Streuung vor.

1) Elastische Streuung. Je nach der Größe der streuenden Teilchen im Vergleich zur Wellenlänge λ des Lichtes unterscheidet man zwischen Rayleigh-Streuung (Teilchendurchmesser

λ) und Mie-Streuung (Teilchendurchmesser vergleichbar mit λ). Im ersten Falle wird durch die einfallende Strahlung an jedem Teilchen ein oszillierendes Dipolmoment induziert, das wie ein Hertzscher Oszillator eine Streuwelle in Form von Dipolstrahlung aussendet. Im zweiten Falle wird eine ganze Reihe von Multipolschwingungen angeregt, beiden Fällen sind aber folgende Züge gemeinsam: a) Die Intensität der von den einzelnen Teilchen ausgehenden Streuwellen (und damit auch der Streustrahlung insgesamt) ist stark wellenlängen- und richtungsabhängig. b) Die Streuwellen sind teilweise polarisiert. c) Es besteht eine feste Phasenbeziehung zwischen der einfallenden Strahlung und der jeweiligen Streuwelle. Der elementare Streuprozeß ist daher als kohärent zu bezeichnen.

Wegen des Sachverhaltes c) existieren auch definierte, jedoch von der momentanen Lage der streuenden Teilchen abhängige Phasenbeziehungen zwischen den verschiedenen Streuwellen. Diese Phasenbeziehungen sind so beschaffen, daß sich die Streustrahlung bei ideal gleichmäßiger Anordnung der streuenden Teilchen durch Interferenz vollständig aufhebt. Daß es tatsächlich zu einer L. kommt, liegt an der Unregelmäßigkeit der räumlichen Verteilung der Streuteilchen. Eine solche liegt vor, wenn die L. an Fremdteilchen erfolgt (z.B. Aerosole, kolloidale Lösungen, durch Fremdatome verunreinigte Kristalle). Aber auch reine Substanzen in allen drei Aggregatzuständen zeigen Abweichungen von der gleichmäßigen Anordnung ihrer molekularen Bestandteile in Gestalt von Dichteschwankungen, die durch die Wärmebewegung verursacht sind (Tyndall-Effekt). Die Zufälligkeit der momentanen Anordnung der Streuteilchen hat zur Folge, daß sich die Intensitäten der einzelnen Streuwellen zur Intensität der Streustrahlung addieren. Die Streustrahlung ist daher inkohärent.

2) Unelastische Streuung. Dazu gehören die Raman-, die Brillouin- und die Compton-Streuung (Compton-Effekt). Diesen Prozessen ist gemeinsam, daß das Medium entweder Energie aufnimmt oder an das Strahlungsfeld abgibt. Im ersten Falle wird die Lichtfrequenz zu kleineren Werten hin verschoben (Stokessche Strahlung), im zweiten Falle zu größeren (Anti-Stokessche Strahlung). Je nach der Intensität der Streustrahlung unterscheidet man zwischen spontaner und stimulierter L.

3) Spontane Streuung. Die Streustrahlung ist so schwach, daß sie keine Rückwirkung auf den Streuvorgang ausübt.

4) Stimulierte (induzierte) Streuung. Es wird – unter Verwendung von Lasern – so stark eingestrahlt, daß die erzeugte Streustrahlung ihrerseits so intensiv wird, daß sie das Medium zu verstärkter Streuung veranlaßt, und zwar wächst der Streuquerschnitt linear mit der Intensität der erzeugten Streustrahlung an. Letztere ist überdies kohärent, d.h., sie hat die Eigenschaften einer Laserstrahlung.

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