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News: Kurz-Therapie verhindert HIV-Übertragung von Mutter auf Kind

Eine Behandlung von HIV-positiven Schwangeren in den letzten Wochen vor der Entbindung mit dem ältesten Aids-Medikament reduziert die Infektionsrate mit HIV bei den Neugeborenen um die Hälfte. Das ist das positive Ergebnis einer sonst heftig umstrittenen Studie der US-Zentren für Krankheitskontrolle (Centers for Disease Control and Prevention - CDC, Atlanta), die am Montag dem 29. Juni 1998 beim Welt-Aids-Kongreß in Genf vorgestellt wurde.
Derzeit leben weltweit rund eine Million HIV-infizierte Kinder. 273 000 Neugeborene kommen jedes Jahr mit dem Aids-Virus im Blut zur Welt. Der größte Teil fristet sein Dasein in den Entwicklungsländern ohne Aussicht auf medizinische Hilfe. Der Übertragungsweg: Die Kinder wurden im Mutterleib oder während des Geburtsvorganges mit dem Aids-Virus angesteckt.

Die Rate der Übertragung von HIV von der Mutter auf das Kind liegt bei etwa 20 Prozent und darüber. In den westlichen Industriestaaten erhalten HIV-positive Schwangere daher eine Aids-Therapie, welche die Zahl der HI-Viren im Blut möglichst stark reduziert. Dadurch sinkt die Übertragungsrate auf das Neugeborene auf vier Prozent und darunter.

Doch diese optimale Behandlung ist für die Entwicklungsländer zu teuer und dauert unter schwierigen sozialen Verhältnissen mit kaum vorhandenen Betreuungsstrukturen zu lange. CDC-Wissenschafter Nathan Shaffer und sein Team haben daher in Thailand eine Kurzzeit-Therapie für Schwangere erprobt, die noch dazu möglichst billig sein sollte.

Bei der Studie wurde das erste und älteste Aids-Medikament verwendet: AZT. 392 Schwangere nahmen teil. 194 erhielten ab der 36. Schwangerschaftswoche jeden Tag zwei Tabletten zu je 300 Milligramm des Wirkstoffes. Während der Entbindung bekamen die Frauen das Medikament alle drei Stunden. Die meisten HIV-Infektionen bei Babys erfolgen während des Geburtsvorganges.

Doch 198 Schwangere bekamen diese Kurzzeittherapie nicht. Am Ende wurden die HIV-Raten bei den Babys verglichen:

  • 18,9 Prozent der Kinder von jenen Müttern, die nicht behandelt worden waren, wiesen eine HIV-Infektion auf.
  • In der Behandlungsgruppe wurden hingegen "nur" 9,4 Prozent der Neugeborenen infiziert.
  • Die Kurzzeit-Therapie kann daher offenbar die Übertragungsrate von Mutter auf Kind um 50 Prozent reduzieren.

Die nationalen US-Zentren für Krankheitskontrolle in ihrer Stellungnahme: "Diese Behandlung bringt erste Hoffnung auf eine praktikable Chance, die Aids-Übertragungsrate von der Mutter auf das Kind in den Entwicklungsländern zu reduzieren."

Doch zahlreiche Wissenschafter haben in den vergangenen Monaten harsche ethische Kritik an dieser Studie geübt. So wurde den Betreibern vorgeworfen, die Nichtbehandlung von Schwangeren bei vorliegender HIV-Infektion sei einfach moralisch nicht vertretbar. Immerhin wären ja die Kinder aus der Gruppe der Unbehandelten die Leidtragenden. Die Befürworter der Studie merkten hingegen an, daß man nur auf diesem Weg zu einem fundierten wissenschaftlichen Vergleich kommen könne.

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