Direkt zum Inhalt

News: Dem Herzen wieder auf die Beine helfen

Unausgereifte Muskelzellen aus dem Bein haben in Tierversuchen 'gelernt', als Herzmuskel zu arbeiten. Sie erhöhten die Kontraktionsfähigkeit und steigerten die Dehnbarkeit des Herzens. Sollten die Ergebnisse auf den Menschen übertragbar sein, wäre dies ein erster Schritt zu einer simplen Transplantationsprozedur für Patienten mit Herzschäden.
Zur Zeit gibt es keine Möglichkeit, einen Schaden am Herzen zu beheben, der durch eine Phase des Sauerstoffmangels verursacht wurde, wie es zum Beispiel bei einem Herzinfarkt vorkommt. Obwohl die verbleibenden Herzmuskelzellen größer werden, um den Ausfall zu kompensieren, sinkt die Leistungsfähigkeit des Organs. Kardiologen beschränken sich darauf, verstopfte Arterien mit entsprechenden Mitteln zu reinigen, doch wenn das Herz wirklich Schaden davongetragen hat, kann es sich nicht selbst heilen. Die Folge kann kongestive Herzinsuffizienz sein, ein chronischer Zustand, der in den USA und Europa jedes Jahr 41 000 Menschen das Leben kostet.

Um den Verlust der Herzmuskelzellen zumindest teilweise auszugleichen, wollen Doris Taylor vom Duke University Medical Center und ihr Team Zellen der Skelettmuskulatur, sogenannte Myoblasten (Muskelvorläuferzellen), nutzen. Diese wollen sie dem Patienten entnehmen, im Labor vermehren und ihm dann mit einem Katheter in das Herz injizieren. "Selbst wenn die Zellen die Kontraktion nur um zehn bis 15 Prozent steigern, bedeutet dies einen deutlichen Unterschied in der Lebensqualität der Patienten", sagt sie. Zunächst sollen die Myoblasten das Herz nur so lange unterstützen, bis ein geeignetes Spenderherz gefunden ist. Anhand des alten Organs können die Wissenschaftler dann erkennen, ob ihre Technik bei Menschen ebenso gut funktioniert wie im Tierversuch.

Ihre bisherigen Experimente haben die Forscher an Kaninchen durchgeführt, die wie Menschen einen Herzinfarkt bekommen können. In die geschädigten Herzen von zwölf Kaninchen injizierten die Wissenschaftler zehn Millionen Zellen der Skelettmuskulatur (Nature Medicine vom August 1998). Bei sieben Tieren nisteten die neuen Zellen sich ein und begannen, sich zu strecken und zu kontrahieren. Im Vergleich zu unbehandelten Kaninchen stieg die Kontraktionsfähigkeit der Herzen um 34 bis 100 Prozent. Untersuchungen des Gewebes nach drei oder sechs Wochen zeigte, daß die Skelettmuskelzellen in ihrer Erscheinung an Herzmuskelzellen erinnerten. Außerdem waren die Herzen weniger steif als bei unbehandelten Kontrolltieren.

Bei den fünf Kaninchen, deren Zustand sich nicht gebessert hatte, zerstörte vermutlich das Immunsystem die injizierten Muskelzellen. Nach Taylors Ansicht ist das ein ganz natürlicher Vorgang. Die Immunzellen entfernten die toten Herzzellen und bekämpften dabei gleich die Skelettmuskelzellen mit. In den folgenden Versuchen wollen die Forscher darum mit der Injektion warten, bis die Reaktion des Immunsystems abgeklungen ist. Bei der Anwendung am Menschen können zudem entzündungshemmende Stoffe verabreicht werden, um den Muskelzellen den Start zu erleichtern.

Zusammen mit ihrem Team möchte Taylor schon im nächsten Jahr erste Therapieversuche mit menschlichen Patienten machen, die schwere Herzschäden haben und auf eine Transplantation warten.

Siehe auch

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.