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News: Eng benachbart

Unsere Sonne ist ein Einzelgänger. Die meisten Sterne im Universum treten in Doppel- oder sogar Dreifachsystemen auf. Im Frühjahr dieses Jahres wurde zum ersten Mal eine Staubscheibe um ein Doppelsternsystem entdeckt, aus der sich vielleicht Planeten bilden können. Nun haben Astronomen ein junges Sternenpaar entdeckt, das sich so nahe ist wie unsere Sonne und ihr äußerster Planet Pluto. Jeder der beiden neuen Sterne hat seine eigene protoplanetare Materiescheibe. Wenn sich um so eng benachbarte Sonnen Planetensysteme bilden können, ist deren Anzahl im Weltall wahrscheinlich noch höher als bislang vermutet.
Luis Rodriguez von der National Autonomous University in Mexico City leitete die Beobachtungen am Very Large Array Telescope (VLA), mit dem die Entdeckung gemacht wurde (Nature vom 24. September 1998). Die Forscher untersuchten ein Gebiet im Sternbild Stier in 450 Lichtjahren Entfernung, in dem gerade Sterne von der Größe unserer Sonne und darunter entstehen. Ihr besonderes Interesse galt einem Objekt, das nach den vorläufigen Messungen im Infrarot- und Radiowellenbereich wie ein sehr junger Stern aussah. Die Beobachtung mit dem VLA ergab jedoch, daß es sich um ein paar von Sternen handelte, die nur ein wenig weiter auseinander stehen als die Sonne und der Planet Pluto. Beide Sterne sind von einer Staubscheibe umgeben, die etwa so weit reicht wie die Umlaufbahn des Saturn von der Sonne entfernt ist. Nach den gegenwärtigen Modellen bilden sich aus solchen Materieansammlungen die Planeten eines Sonnensystems.

Um einzelstehende Sterne wurden bereits des öfteren ähnliche Staubscheiben gefunden. Die Materieansammlung in dem jungen Doppelsternsystem ist aber aufgrund der komplizierten Gravitationsverhältnisse zehnmal kleiner. Ihre Existenz zeigt daher, daß auch in engen binären Systemen protoplanetare Scheiben vorkommen können. Jede einzelne von ihnen enthält dabei so viel Materie, daß sie ein Sonnensystem bilden kann. Die Wissenschaftler sind allerdings der Ansicht, daß noch engere Nachbarn sich gegenseitig ihre Staubscheiben zerstören und so die Planetenbildung verhindern würden.

Alan P. Boss vom Carnegie Institution glaubt, daß die Beobachtung auch das Rätsel um den herumirrenden Himmelskörper erklären könnte, den das Hubble-Teleskop im Mai 1998 fotografiert hat. Dabei könnte es sich um einen Planeten handeln, der sich von dem benachbarten Doppelsternsystem entfernt. Boss glaubt, daß ein Riesenplanet, der am Rand einer Staubscheibe in einem binären System entsteht, durch die Gravitation des Begleitsterns tatsächlich aus der Umlaufbahn geworfen werden kann.

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