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News: Altersdiabetes: Komplett-Behandlung erforderlich

'Runter mit dem Blutzucker', lautet normalerweise bei Diabetikern die Devise. Doch das reicht längst nicht aus. Einen noch stärkeren Einzeleffekt hat offenbar die rigorose Senkung des Blutdrucks. Insgesamt aber kommt es auf eine möglichst gute Rundum-Behandlung an.
Das ergibt sich aus den vor kurzem im The Lancet und im British Medical Journal erschienenen Ergebnissen einer in England durchgeführten Mammut-Studie The United Kingdom Prospective Diabetes Study (UKPDS). Am 3. Oktober 1998 diskutierten in Wien Fachleute und niedergelassene Ärzte über die Resultate.

"Die Konzentration auf die Blutzuckerwerte allein reicht nicht aus. Wir brauchen in der Versorgung der Zuckerkranken eine umfassende Betreuung. Auch der Blutdruck und die Blutfettwerte sollten streng kontrolliert werden", erklärte Professor Guntram Schernthaner (Wiener Rudolfstiftung).

Zu hohe Blutzuckerwerte und in der Folge oft ein Bluthochdruck und auch noch – durch falsche Ernährung – überhöhte Cholesterinspiegel führen bei Altersdiabetikern zu einem drastisch erhöhten Herz-Kreislauf-Risiko mit Herzinfarkten oder Schlaganfall. Neben den Langzeitkomplikationen wie Erblindung, Beinamputationen und Nierenversagten ist das die größte Gefahr.

Was Schernthaner aufgrund der Ergebnisse der britischen Studie an "Zielwerten" empfiehlt: Ein (böses) LDL-Cholesterin von weniger als 130 Milligramm pro Deziliter Blut, ein systolischer Blutdruck (Pumpphase des Herzens) von weniger als 135 mm Hg und von diastolisch (Ruhephase des Herzens) von weniger als 80 mm Hg. Der für die Qualität der Blutzuckereinstellung entscheidende HbA1c-Wert (Zuckerbeladung der roten Blutkörperchen) sollte unter 6,5 Prozent (bei Gesunden: weniger als 6 Prozent) liegen.

In die Studie waren – beginnend bereits vor etwa 20 Jahren – insgesamt an die 5 000 Altersdiabetiker kurz nach Diagnose der Krankheit aufgenommen worden. Das Durchschnittsalter betrug 54 Jahre. Die Kranken wurden entweder mit blutzuckersenkenden Tabletten, Insulin oder nur per Diät behandelt. Altersdiabetiker mit Bluthochdruck wurden unterschiedlich "hart" therapiert.

Nach durchschnittlich zehn Jahren Beobachtungszeit wurden in der britischen Diabetes-Studie die unterschiedlichen Patientengruppen auf den Eintritt schwerer Herz-Kreislauf-Komplikationen, Sterberisiko bzw. das Auftreten anderer Langzeit-Konsequenzen des Diabetes (Erblindung, Nierenversagen) ausgewertet.

Die Hauptergebnisse:

  • Eine für Altersdiabetiker sehr rigorose Blutzuckerkontrolle mit einem HbA1c-Wert von sieben Prozent in der Gruppe der mit blutzuckersenkenden Medikamenten Behandelten (Diät allein: 7,9 Prozent) brachte weder bei den Todesfällen noch den mit Diabetes in Verbindung stehenden Komplikationen statistisch signifikante Unterschiede.
  • Allerdings half das altbekannte blutzuckersenkende Arzneimittel Metformin besonders den übergewichtigen Dibetikern. In der Gruppe der damit Behandelten kam es zu um 36 Prozent weniger Todesfällen.
  • Den größten Ausschlag gab aber die rigorose Behandlung eines bei den Diabetikern bestehenden Bluthochdrucks. Tolerierte man einen systolischen Blutdruck von 154 mm Hg und einen diastolischen von 87 mm Hg, war das Sterberisiko infolge von Diabetes-Schäden um 32 Prozent höher als bei Diabetikern, bei denen der Blutdruck auf durchschnittlich 144 mm Hg systolisch und 87 mm diastolisch gesenkt wurde. Die Schlaganfallsrate reduzierte sich gar um 44 Prozent.

Für "Pillen-Euphorie" sprechen die Ergebnisse der Untersuchungen nicht: Bis auf Metformin bei schwer übergewichtigen Altersdiabetikern hatte die jeweilige Art der medikamentösen Behandlung keinen unterschiedlichen Effekt. Auf die Blutzucker- bzw. Blutdrucksenkung kommt es an, nicht auf die Art, wie sie erfolgen.

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