Direkt zum Inhalt

News: Ein lenkender Laser

Den Ablauf einer chemischen Reaktion steuern zu können, ist seit langem ein Traum in der Chemie. Könnte er verwirklicht werden, dann wäre dies gleichbedeutend mit einer Revolution in der technischen Chemie: Erwünschte Produkte könnten mit höherer Effizienz erzeugt, unerwünschte und unter Umständen sogar schädliche Nebenprodukte gleichzeitig reduziert werden. Physiker der Universität Würzburg berichten nun von einem Durchbruch bei der Steuerung chemischer Reaktionen durch Laserstrahlung.
Seit der Erfindung des Lasers vor mehr als 30 Jahren arbeiten weltweit viele Wissenschaftler daran, diese Lichtquelle zur Steuerung chemischer Reaktionen einzusetzen. In der Universität Würzburg wurde jetzt ein neuer Ansatz zur Lösung dieses fundamentalen Problems in die Tat umgesetzt, der mit gezielt manipulierten Femtosekunden-Laserpulsen arbeitet. Bei diesen Laserpulsen handelt es sich um Lichtblitze, die nur die unvorstellbar kurze Zeit von wenigen billiardstel Sekunden andauern. In eben dieser kurzen Zeitspanne bewegen sich auch die Atome bei der Dissoziation, einem grundlegenden chemischen Prozeß, bei dem ein Ausgangsstoff zu neuen Produkten zerfällt. Als Folge dieser "Zeitgleichheit" können die Lichtblitze diesen Prozeß beeinflussen.

Den Physikern um Prof. Dr. Gustav Gerber von der Universität Würzburg ist es mit Hilfe von maßgeschneiderten Femtosekunden-Laserpulsen erstmals gelungen, eine Dissoziationsreaktion zu optimieren. Ihr Experiment haben sie an dem Molekül Cyclopentadienyl-Eisendicarbonyl-Chlorid durchgeführt, das zu der technologisch wichtigen Substanzklasse der Organometalle gehört (Science, Ausgabe vom 30. Oktober 1998). Organometalle werden bei der Produktion dünner metallischer Filme und als Photokatalysatoren bei vielen chemischen Reaktionen verwendet. Die Forscher konnten den Zerfall des Moleküls durch die speziellen Laserpulse so gezielt beeinflussen, daß die Mengenverhältnisse von erwünschten zu unerwünschten Reaktionsprodukten optimiert werden konnten.

Besonders erstaunlich an der von den Würzburger Wissenschaftlern vorgestellten Methode: Sie erlaube es, so Prof. Gerber, eine höhere Ausbeute der gewünschten Reaktionsprodukte zu erhalten, ohne daß detaillierte Kenntnisse über Moleküle und Ablauf der chemischen Reaktion notwendig sind. Die Optimierung des Reaktionsprozesses werde allein von einem selbstlernenden Computeralgorithmus gesteuert, dessen Funktionsprinzip der biologischen Evolution nachempfunden ist.

Bei solchen "evolutionären Algorithmen" werden die verwendeten Laserpulse durch eine Rückkopplung aus dem im Experiment erzielten Ergebnis Schritt für Schritt verbessert. So werden, ganz nach dem "survival of the fittest"-Prinzip von Charles Darwin, letztendlich die optimalen Femtosekunden-Laserpulse efunden, die für eine maximale Effizienz bei der Bildung der erwünschten Reaktionsprodukte sorgen.

Da laser-induzierte Prozesse nicht nur im Bereich der Chemie optimiert werden können, ist es Prof. Gerber zufolge absehbar, daß optimal geformte Femtosekunden-Laserpulse auch in den Bereichen der Physik, Biologie und Medizin bahnbrechende Fortschritte ermöglichen werden.

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.