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News: Die Fabrik für Sauerstoff

Die Energie des Lichtes einfangen und nutzbar machen - was heute eine Herausforderung für clevere Ingenieure ist, macht Mutter Natur schon seit Urzeiten. Sie hat dafür spezielle Proteine hervorgebracht, von denen sich eines schließlich zu einer kleinen Fabrik weiterentwickelt hat, die als Nebenprodukt den Sauerstoff produziert, den wir alle zum Atmen benötigen. An der jetzt aufgeschlüsselten Struktur können Wissenschaftler bestätigen, daß die verschiedenen photosynthetischen Reaktionszentren eng miteinander verwandt sind.
Vor zehn Jahren erhielten Hartmut Michel, Johann Deisenhofer und Robert Huber den Chemie-Nobelpreis, weil es ihnen als ersten gelungen war, die Struktur eines Membranproteins mit atomarer Auflösung zu entschlüsseln. Als Forschungsobjekt hatten sie sich das bakterielle Reaktionszentrum des Purpurbakteriums Rhodopseudomonas viridis ausgewählt. Dieses komplizierte Molekül beherbergt Chlorophylle und andere Hilfsmoleküle, mit denen es das Sonnenlicht einfängt und dessen Energie weiterleitet. Über eine Reihe von Zwischenschritten wird die Energie letztlich in eine chemische Verbindung gesteckt, die überall dorthin gelangt, wo gerade Energie benötigt wird.

Während diese Primärschritte der Photosynthese bei Bakterien mit einer einzigen Art von Reaktionszentrum auskommen, arbeiten bei höheren Pflanzen zwei davon, die in Reihe geschaltet sind. Den Wissenschaftlern der Gruppe um Werner Kühlbrandt vom Max-Planck-Institut für Biophysik ist es nun gelungen, die Struktur des Photosystems II aufzuklären (Nature vom 19. November 1998).

Photosystem II ist ein sogenannter Multienzymkomplex aus mehr als 25 verschiedenen Proteinen, die wie in einer kleinen Fabrik zusammenwirken. Dazu zählen unter anderem die Proteine D1, D2, CP43 und CP47. Die Chlorophyll a-Moleküle, denen Pflanzen ihre grüne Farbe verdanken, gehören zum D1/D2-Komplex. Sie fungieren als Aufnahmestellen für die Lichtenergie, die genutzt wird, um ein Elektron abzugeben und an ein anderes Molekül weiterzureichen. Die zurückbleibende positive Ladung wird mit einem Elektron ausgeglichen, das von einem Wassermolekül stammt. Dabei entsteht – gewissermaßen als Abfallprodukt – Sauerstoff. Die Entwicklung des höheren Lebens, wie wir es heute kennen, ist also eng an die Aktivität des Photosystems II gebunden.

In ihren Untersuchungen konnten die Wissenschaftler 16 der 23 Proteinketten, welche durch die Membran treten, identifizieren. Der Vergleich mit dem bakteriellen Reaktionszentrum erbrachte so viele Ähnlichkeiten, daß die Forscher annehmen, ein Großteil der Proteins hätte sich im Laufe der 3,5 Milliarden Jahre andauernden Evolutionsgeschichte der Photosynthese nicht sehr verändert. Auch die Natur wechselt eben bewährte Spieler nicht gerne aus.

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