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News: Ein ganzes Jahr nichts als Regen

Die weltweit erste Weltraummission, die der Beobachtung und dem besseren Verständnis von tropischen Regenfällen dient, hat jetzt ein Jahr erfolgreicher Arbeit hinter sich. Der Satellit der Tropical Rainfall Measuring Mission (TRMM) sammelt und liefert seither unabläßig Daten, die aufregende Einblicke in die Wolken- und Niederschlagssysteme über den Tropen gewähren.
Die Tropical Rainfall Measuring Mission, kurz TRMM ist eine gemeinsame Unternehmung Japans und der USA. Am 27. November 1997 wurde der TRMM-Satellit vom Tanegashima Space Center der NASDA in Japan auf seinen Weg geschickt. Bereits seit dem 8. Dezember 1997 liefert er kontinuierlich Daten über tropische Regenfälle. Dabei handelt es sich um jene Niederschläge, die innerhalb des Gebietes 35 Grad nördlich und 35 Grad südlich des Äquators niedergehen. Sie machen über zwei Drittel des gesamten Regens der Erde aus und erzeugen Veränderungen in den Windmustern, die sich dann über den ganzen Planeten ausbreiten und somit überall die Wetterabläufe beeinflussen. Mit TRMM sollten kaum bekannte Daten über Regenfälle, die aus globalen Klimamodellen gewonnen worden waren, überprüft werden.

Ihren Nutzen hat die Mission bereits unter Beweis gestellt, indem mit den neuen Ergebnissen die Meßungenauigkeiten des globalen Niederschlags um den Faktor 2, von 50 auf 25 Prozent reduziert werden konnten. Aber trotz der Freude über die bisher gewonnenen Daten "gibt es ganz klar einen Aspekt bei den tropischen Regenfällen, der nicht in unsere konzeptionellen Modelle paßt", erklärt Christian Kummerow, TRMM-Wissenschaftler am Goddard Space Flight Center der NASA in Greenbelt, Maryland. "Im Moment sieht alles so aus, als ob Regentropfen bei weitem kleiner sind als wir immer dachten."

Die Forscher bekamen einzigartige Einblicke in die Regen- und Eisbildungsprozesse, als sie den Wolken mit Radar und Radiometern zu Leibe rückten. "Aber wir müssen erst noch einen Sinn in diese neuen, sich mitunter widersprechenden Beobachtungen bringen. Dadurch sollte dann eine verbesserte Modellbildung von tropischen Regenfällen möglich sein", sagt Kummerow. Die Größe der Teilchen könnte einen regulierenden Effekt auf die Menge des Wasserdampfes und des Eises haben, die in die obere Atmosphäre gepumpt wird. Das wiederum spielt bei der Untersuchung der globalen Klimaveränderungen eine wesentliche Rolle. Die Wissenschaftler glauben, daß das Wärmegleichgewicht der Atmosphäre direkt durch die vom Niederschlag verursachten Wolken verändert wird, beziehungsweise durch die so von Wolken bedeckten Regionen.

Eine kombinierte Betrachtung der Vorgänge mit allen TRMM-Sensoren, bietet den Forschern völlig neue Einblicke – zum Beispiel über Wolkentröpfchen nahe der Wolkendecke von Gewitterstürmen: Es wäre möglich, daß das Vorhandensein oder Nichtvorhandensein von großen Regentropfen in der Nähe der Wolkendecke die dunklere Erscheinung von Regenwolken verursacht, und daß dies für die unerwartete Regenunterdrückung in verunreinigter Atmosphäre verantwortlich ist.

Seit langem überlegen die Wissenschaftler, warum diese Konvektion, die Wärmezirkulation, über einer Landmasse völlig anders ist als über dem Ozean. Die TRMM-Aufzeichnungen zeigten nun, daß konvektive Aufwinde über einer Landmasse, wenn sie schneller und stärker als über dem Meer sind, zu "höheren" kontinentalen Stürmen mit größerer Blitzentwicklung führen. Dies steht aber im Gegensatz zu der fast völligen Abwesenheit von Blitzen über den tropischen Meeren der Welt und den von dort bekannten Stürmen.

Zu den unerwarteten Phänomenen, die vom TRMM-Satelliten beobachtet wurden, gehörten die massiven und hohen Schornsteinwolken im Hurrikan Bonnie. Während NASA-Forscher die Entwicklung einer der dramatischsten Hurrikane in diesem Jahr verfolgten, gelangten sie zu faszinierenden Bildern. Sie zeigen beispielsweise eine Kumulus-Sturmwolke, die aus dem Auge des Wirbelsturms nahezu 20 km in den Himmel emporragt. Diese neue Ansicht der Hurrikan-"Schlote" könnte die Vorhersage der Intensität erleichtern. Jene Stürme, die sich zu den stärkeren, gefährlicheren weiterentwickeln, könnten somit schneller identifiziert werden.

Die TRMM-Wissenschaftler können mit Hilfe eines Mikrowellen-Bildreproduktionsgerätes an Bord des Satelliten auch unter wolkigen Bedingungen Beobachtungen durchführen. Im letzten Juli warfen die TRMM-Daten dann auch neues Licht auf das als La Niña bekannte Phänomen. Das zufällige Zusammentreffen eines El Niño- und eines La Niña-Ereignisses ist für Forscher eine seltene Gelegenheit, die Entwicklung dieser Vorgänge sowie den Übergang von einem Ereignis zum anderen zu studieren. Ein El Niño-Phänomen ereignet sich, wenn die Meerestemperaturen wärmer als üblich sind. La Niña ist vom Wesen her das Gegenstück zu El Niño und ist durch ungewöhnlich kalte Ozeantemperaturen im Pazifik gekennzeichnet. La Niña und El Niño werden oft in einem Atemzug genannt und als ENSO, El Niño Southern Oscillations, bezeichnet. La Niña nennt man mitunter auch die kalte Phase der ENSO.

Ein unerwarteter Nutzen der TRMM war der nahezu unmittelbare Einfluß, den die Daten für das verbesserte Verständnis des atmosphärischen Wasser- und Energiezyklus bei assimilierten globalen Datenmengen brachten. Obgleich der Erkenntnisprozeß noch in den Anfängen steckt, sind die Wissenschaftler sehr ermutigt und glauben, daß die Verbesserungen zu ausgeweiteten Forschungen führen werden – und zu besseren Wettervorhersagen.

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