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News: Wie kleine Rauchwölkchen

Die Erde unterliegt einem andauernden Bombardement von Teilchen, die von der Sonne stammen und als Sonnenwind bezeichnet werden. Doch der Wind weht nicht gleichmäßig: Mal gibt es heftige Böen, dann wieder ruhige Flauten. Schuld daran sind komplizierte lokale Magnetfelder, in denen Sonnenmaterie päckchenweise in das Weltall transportiert wird.
Im Jahre 1996 beobachtete der Large Angle Spectrometric Coronograph des Solar and Heliospheric Observatory, daß der Sonnenwind in kleinen Paketen in das Weltall abgegeben wird, ähnlich den Rauchwölkchen einer Dampflokomotive. Auf dem Herbsttreffen der American Geophysical Union stellten S. T. Wu und Aihwa Wang von der University of Alabama in Huntsville am 8. Dezember 1998 ein theoretisches Modell vor, das zu erklären vermag, wie diese "Rauchwölkchen" entstehen.

Die Funktion des Schornsteins, um noch kurz bei der nostalgischen Analogie zu verweilen, übernehmen sogenannte Streamer, deren Magnetfeldlinien sich nicht wie sonst üblich zu einem Ring schließen, sondern offen in den Raum weisen. "Im Inneren der Streamer gibt es nahe der Oberfläche drei magnetische Schleifen, in denen die Materie, die von der Sonne stammt, eingefangen wird. Die Feldlinien der Streamer und der äußeren Schleifenbereiche haben dieselbe Polarität, so daß sie sich nicht miteinander verbinden", sagte Wu.

Während die Sonne an den Polen neue offene Magnetfelder erzeugt, wandern die älteren Feldlinien in Richtung Äquator, wodurch die Magnetschleifen der Streamer zusammengepreßt werden. Wie Magma in einem Vulkan wird die innerste Schleife nach oben gestoßen. Schließlich bricht sie auf und verschmilzt mit den Feldlinien des Streamers. Dabei wird die gefangene Materie aus freien Elektronen und Atomkernen abgegeben und der Streamer wird schmaler, bis sich die magnetischen Feldlinien der Schleife im Zentrum wieder schließen. Wenn dies passiert, verlieren die offenen Feldlinien den Kontakt zur Sonnenoberfläche und verbinden sich ebenfalls. Das Magnetfeld treibt dann die Sonnenmaterie mit Geschwindigkeiten von 250 bis 300 Kilometern in der Stunde in das Weltall.

"Dieses Rauchwölkchen ist wie ein Zylinder, der von der Sonne wegfliegt", sagte Wu. "Typischerweise ist er etwa 700 000 Kilometer lang, 70 000 Kilometer breit und umfaßt rund eine Milliarde Tonnen Sonnenmaterie." Zum Vergleich: Die Erde hat einen Durchmesser von nur 12 600 Kilometern.

Wann immer sich Streamer in der Korona der Sonne bilden, verlaufen die weiteren Ereignisse nach einem recht zuverlässigen Zeitplan, meint Wu. Die Entstehung eines Streamers braucht ungefähr 56 Stunden, und das erste "Wölkchen" erscheint etwa zehn Stunden später. Die weiteren Materieausstöße folgen in Abständen von fünf bis sechs Stunden, solange der Streamer existiert.

Während der Perioden mit geringer Sonnenaktivität formen sich die Streamer in der Nähe des Sonnenäquators und bestehen über mehrere Monate. Aufgrund dieser Lage und Langlebigkeit streifen einige der Materiewölkchen auf ihrem Weg auch die Erde. Als Folge entstehen magnetische Stürme, die den Funkverkehr stören können.

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