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News: 'Haarwuchsmittel' gegen Hörverlust

Die häufigste Ursache für den Verlust des Gehörsinns ist die Beschädigung von Haarzellen im Innenohr. Während sich diese Zellen bei Vögeln auf natürliche Weise regenerieren können, besitzen Säugetiere die Fähigkeit nicht. Wissenschaftler haben nun das Enzym ausgemacht, das bei Mäusen die Reproduktion von Haarzellen hemmt. Damit ist man der Heilung bestimmter Arten von Hörverlust bei Menschen einen kleinen, aber wichtigen Schritt näher.
Das erstaunliche Regenerationsverhalten bei Vögeln wurde vor gut zehn Jahren von Edwin Rubel vom Virginia Merrill Bloedel Hearing Research Center der University of Washington in Seattle entdeckt. Nun geben Rubel und Kollegen von der Universität Tübingen, sowie Wissenschaftler aus Großbritannien und Seattle eine Erklärung für das Unvermögen von Säugetieren, Haarzellen nach der Embryophase neu zu bilden (Proceedings of the National Academy of Sciences vom 30. März, Abstract). Für die Forschungsarbeit wurden speziell gezüchtete Mäuse verwendet, denen ein Enzym fehlt, welches die Zellteilung hemmt.

Die Zerstörung der Haarzellen im Innenohr (Bild, 98kb) kann vielfache Ursachen haben: In den meisten Fällen ist zu viel Lärm Schuld am Gehörverlust, aber auch bestimmte Antibiotika, Krankheiten, genetische Faktoren und das natürliche Altern können dazu beitragen. Beim Menschen befinden sich um die 20 000 Haarzellen im sogenannten Corti-Organ. Dort sind sie von sogenannten Stützzellen umgeben.

Bei Vögeln können sich die Stützzellen nicht nur vermehren, sondern auch in Haarzellen umwandeln, was bei Säugern nach der Geburt nicht mehr möglich ist. Dort sind die Zellen endgültig ausdifferenziert, und es können sich keine neuen Haarzellen bilden.

Frühere Studien haben gezeigt, daß derart endgültig ausdifferenzierte Zellen große Mengen von Enzymen bilden, welche den Zellzyklus blockieren, also Inhibitoren sind. Man glaubt nun, daß sie Stützzellen, die mögliche Schädigungen überlebt haben, daran hindern, wieder in den Zellzyklus einzutreten: sich also zu teilen und und neue Haarzellen zu bilden.

In der aktuellen Arbeit zeigen Rubel und seine Kollegen, daß ein besonderer Inhibitor, p27Kip1, in den Stützzellen des Corti-Organs produziert wird. Bei den untersuchten Mäusen hingegen fehlte das Gen, das für die Synthese von p27Kip1 Verantwortung trägt. Die Wissenschaftler fanden heraus, daß sich in diesem Fall die Stützzellen in den Nagern ganz wie bei Vögeln vermehren. Ohne das Enzym p27Kip1 wird die Zellteilung also nicht blockiert.

"Es ist nichts Neues, daß p27 die Zellfortpflanzung hemmt", sagte Rubel. "Wir haben aber zum ersten Mal gezeigt, daß sich unter bestimmten Umständen die Stützzellen im Corti-Organ von Säugetieren nach der Geburt fortpflanzen können." Damit gewinnt das Enzym an Bedeutung für die zukünftige Behandlung von Gehörverlust.

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