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News: Die Kraft der Gedanken

Gedanken allein können Roboter schon in Fahrt bringen. In einem Laborversuch mußten sich Ratten bloß vorstellen, auf einen Hebel zu drücken, und sie wurden mit Wasser belohnt - so als hätten sie sich bewegt. Ein Schritt auf dem Weg zu neuartigen Prothesen für gelähmte Patienten?
In dem Versuch lernten die Ratten zunächst, daß es auf Pfotendruck zur Belohnung einen Tropfen Wasser gibt. Sie setzten dabei über einen gefederten Hebel einen Roboterarm in Bewegung. John Chapin von der Hahnemann School of Medicine in Philadelphia und seine Kollegen nutzten diese einfache Dressur, um im Gehirn die beteiligten Zellgruppen zu ermitteln. Wie sie in Nature Neurosciene vom Juli 1999 berichten, liegen diese vor allem in den Gehirnregionen des motorischen Zentrums und des Thalamus. Die Forscher wollten es aber noch genauer wissen. Sie pflanzten in die Zellgruppen Elektroden ein, um die Aufgaben einzelner Nervenzellen für den Bewegungsablauf zu untersuchen.

Nach einer statistischen Auswertung von mehreren hundert Versuchen wußten die Forscher, welche Nervenzellen für jede Phase dieser so einfach anmutenden Bewegung – Vorbereitung, Beugen des Vorderbeins, Ausstrecken und so weiter – verantwortlich sind. Schließlich schlossen sie diese Neuronen so an, daß deren Feuern direkt den Roboterarm ohne Hilfe des Hebels steuerte.

Die Tiere lernten sehr schnell, daß sie sich nun den Pfotendruck sparen konnten. Sie brauchten sich die Bewegung nur noch vorzustellen, um zur Belohnung Wasser zu bekommen. Innerhalb weniger Versuche rekonfigurierten sie ihre Gehirnaktivität so, daß alleine das Gehirn den wasserspendenden mechanischen Arm bewegte.

Es ist nicht das erste Mal, daß Gehirnaktivität zum Steuern einer Maschine benutzt wird. Neu ist jedoch, daß zur motorischen Steuerung bereits die Signale der beteiligten Nervenzellen im Gehirn verwendet wurden. Frühere Vorrichtungen benutzten weitaus unspezifischere Signale, die zum Beispiel aus Muskeln im Stumpf eines amputierten Arms oder an der Oberfläche der Kopfhaut aufgezeichnet wurden. Im Gegensatz dazu sollte diese auf einzelne Neuronen gestützte Technologie eine weit höhere Geschwindigkeit und Präzision bieten.

Nach Ansicht von Eberhard Fetz von der University of Washington School of Medicine in Seattle sind noch erhebliche, aber "letztendlich überwindbare" technische Hindernisse zu meistern, bevor diese Erkenntnisse körperlich behinderten Menschen zugute kommen werden. Die Steuerung eines einfachen Scharniers durch die Aktivität von Nervenzellen im Gehirn von Ratten ist eine Sache. Es ist aber etwas ganz anderes, durch bloße Vorstellung eine Prothese mit mehreren Gelenken und mehreren Bewegungsrichtungen problemlos zu steuern.

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