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News: Korallen, bleich wie der Tod

Seit Korallen die Farbe verlieren, schlagen Wissenschaftler Alarm. Besonders in den Jahren 1997 und 1998 nahm die Schädigung der ökologisch so bedeutsamen Korallenriffe drastisch zu. Nach Ansicht vieler Wissenschaftler sind vor allem die globale Erwärmung und die dadurch gestiegenen Wassertemperaturen daran schuld, aber auch Infektionen und Umweltverschmutzung zerstören diese wertvollen Lebensräume. Jetzt haben Forscher einen Mechanismus entdeckt, wie das wärmere Wasser die Algen schädigt, die in Symbiose mit den Korallen leben.
Korallenriffe sind nicht nur für den Tourismus von großem Interesse. Auf einer Fläche von rund zwei Millionen Quadratkilometern beherbergen sie um die 2500 Korallen- und über 5000 Fischarten. Diese Lebensräume gehören damit zu den artenreichsten Ökosystemen der Erde.

Seit Mitte der achtziger Jahre zeigt sich jedoch ein beunruhigendes Phänomen: Die Korallen verlieren ihre Farbe. Ein Grund dafür ist, daß die symbiontischen Algen mit ihren Photosynthese-Pigmenten absterben, die genauen biochemischen Vorgänge sind bisher jedoch noch rätselhaft. Da diese "Korallenbleiche" weltweit auftritt, liegt der Schluß nahe, daß die globale Erwärmung damit in Zusammenhang stehen könnte.

Gregory Schmidt und seine Mitarbeiter von der University of Georgia belegen mit ihrer Untersuchung diese weit verbreitete Ansicht. Allerdings sind nicht die Korallen selbst direkt von der erhöhten Wassertemperatur betroffen, sondern der Photosyntheseapparat ihrer kleinen "Mitbewohner" – symbiontische Algen, die das einfallende Licht für die Photosynthese nutzen. Mit der so gebundenen Energie stellen sie organische Verbindungen her, die sie mit den Korallen austauschen. Ihre Ergebnisse veröffentlichten die Wissenschaftler am 6. Juli 1999 in den Proceedings of the National Academy of Sciences (Abstract).

Die Forscher untersuchten in unterschiedlichen Wassertiefen Kolonien der Sternkorallen Montastrea faveolata und Montastrea franksi, die zu den dominanten Riffbildnern in den Florida Keys gehören. In Freilandversuchen setzten die Wissenschaftler eine neue Methode ein, um die Stoffwechselaktivität der Algen zu messen. Diese Technik mißt fluoreszenzspektroskopisch die Aktivität des Photosyntheseapparats und damit die Effizienz, mit der die Algen Licht in Energie in Form von organischen Verbindungen umwandeln. Die Ergebnisse zeigen, daß bei den symbiontischen Algen das Photosystem II (PS II) schwer geschädigt wird. Mit diesem Proteinkomplex beginnt die Photosynthese. Ohne PS II steht der ganze Prozeß still: Die Algen können keine Sonnenenergie mehr in chemische Energie umformen und folglich auch keine organischen Substanzen aus Kohlendioxid aufbauen.

Die Wissenschaftler entdeckten, daß besonders ein wichtiges Protein des PS II, das sogenannte D1, geschädigt wurde. D1 ist in Pflanzen häufig, und bei sonnenexponierten Landpflanzen befindet es sich in einem dauernden Wechsel zwischen Aufbau und Abbau je nach Sonneneinstrahlung. In den gebleichten Algen zeigte sich jedoch, daß der Abbau bei Wassertemperaturen, die knapp über dem sommerlichen Maximum lagen, irreversibel war. Auch in Labortests konnten die Wissenschaftler feststellen, daß bestimmte Algen verschiedener Korallenarten unterschiedliche Temperaturtoleranz zeigen.

Was mit den geschädigten Algenzellen geschieht, ist unklar. Die Korallen stoßen "schlechte" Algen ab, als ob sie merken, daß diese die benötigten Kohlenstoffverbindungen nicht mehr produzieren. Bei wärmeren Wassertemperaturen könnte das auf Dauer das Artenspektrums verschieben. Allerdings gibt es eine Vielzahl von Symbionten, und die bisherige Dauer des Korallensterbens ist noch zu kurz, als daß man schon eine natürliche Selektion beobachten könnte.

Ein weiterer Grund für die Beeinträchtigung der Photosynthese kann sehr ruhiges Wasser sein, in das Licht viel tiefer eindringen kann. "Unser Forschung hat auch gezeigt, daß die Algen umso anfälliger sind, je tiefer das Wasser", sagt Schmidt. "Sie sind eher wie Schattenpflanzen, die keine volle Sonne vertragen."

Zusammen mit den Ergebnissen anderer Wissenschaftler verdichten sich die Hinweise, daß die Schädigung der Korallenriffe und die "Korallenbleiche" mit den erhöhten Wassertemperaturen zusammenhängen und nicht ein periodisches Phänomen sind. "Es scheint viel mehr als nur ein Rauschen auf der geologischen Zeitachse zu sein", sagt Warner, ein Mitarbeiter des Teams von der University of Georgia.

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