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News: Wirbel im Quantenkondensat

Wenn es so richtig kalt wird - knapp über dem absoluten Nullpunkt -, dann rücken Atome ganz dicht zusammen, und jeder Unterschied zwischen ihnen ist plötzlich dahin. Solche sogenannten Bose-Einstein-Kondensate haben ganz merkwürdige Eigenschaften. So sind sie zum Beispiel superfluid und werden von kleinen Wirbeln durchzogen. Zumindest haben Theoretiker das vorausgesagt. Der experimentelle Nachweis war jedoch recht schwierig zu erbringen. Doch einem Wissenschaftlerteam ist es nun gelungen, die Wirbel im Labor zu beobachten.
In Bose-Einstein-Kondensaten sind alle gleich, zumindest befinden sich alle Atome im gleichen Quantenzustand. Das bedeutet unter anderem, daß sie alle exakt dieselbe Energie und denselben Impuls haben. Demzufolge bewegen sie sich im Gleichschritt, weshalb ein Kondensat niemals so richtig unruhig wird.

Andererseits verhalten sich diese exotischen Ansammlungen von Atomen auch wie Supraflüssigkeiten. Makroskopische suprafluide Substanzen vollführen die verrücktesten Dinge. Sie kriechen zum Beispiel mühelos an den Seitenwänden eines Gefäßes hoch, in das man sie gießen will, und flüchten über den Labortisch. Außerdem bilden sich Wirbel in ihnen aus, und wenn eine Supraflüssigkeit sich erstmal dreht, kann sie das im Prinzip unendlich lange machen. "Immer wenn Sie an Superfluidität denken, müssen Sie auch an Wirbel denken", meint Eric Cornell vom National Institute of Standards and Technology in Boulder.

Theoretisch sollten also auch Bose-Einstein-Kondensate Wirbel haben. Um das zu überprüfen, kühlten Cornell und seine Kollegen Atome von Rubidium-87 mit Magneten und Lasern ab. Obwohl es nicht allzu schwierig ist, solch ein Kondensat zum Rotieren zu bringen, indem man beispielsweise mit einem Laser "anschubst", ist es alles andere als eine Leichtigkeit, den Weg der Atome zu verfolgen. Die Wissenschaftler lösten das Problem, indem sie einen äußeren Ring von Atomen um einen ruhenden Kern im Inneren rotieren ließen (Nature vom 7. Oktober 1999). Dann suchten sie nach Anzeichen für eine Interferenz der atomaren Phase – einer Quanteneigenschaft der Wellenfunktion, die nicht direkt aufgezeichnet werden kann. Da diese Phase aber eine Funktion der Geschwindigkeit ist, erlaubten die Messungen, den Wirbel zeitlich und räumlich zu verfolgen (Physical Review Letters vom 27. September 1999).

Die Forscher hoffen, demnächst Wirbel in einer vollständig rotierenden Probe auftauchen und verschwinden zu sehen. Und schließlich könnten Wissenschaftler sogar verschiedene Kondensate mischen, um so hypothetische Zwischenzustände in der frühen Entwicklung des Universums zu simulieren.

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