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News: Erfolgreiche Planktonprognose

Das Zooplankton spielt im Nahrungsnetz der Meere eine entscheidende Rolle. Durch die Klimaveränderung verschieben sich jedoch bei einigen Arten die Zeiten, in denen sie besonders gehäuft auftreten. Wissenschaftler entwickelten nun ein Computerprogramm auf der Basis von physikalischen Strömungsmodellen, biologischen Simulationsmodellen und künstlicher Intelligenz, mit dem sie das das Vorkommen des Zooplanktons im Meer vorhersagen können. Die Ergebnisse sind im Internet abrufbar.
Seit 1999 prognostiziert die Systems Ecology Group (SEG) am Forschungsinstitut Senckenberg in Hamburg das Vorkommen des Zooplanktons. Ziel ist vorherzusagen, wann welche Arten am meisten auftreten.

Bei der Bewertung der Prognosen des Vorjahres ergab sich eine mittlere Vorhersagegenauigkeit von 1,8 Wochen für die von der SEG im Internet publizierten Daten über 17 Arten und Artengruppen. Das heißt, die Wissenschaftler irrten sich um nur knapp zwei Wochen in ihrer Vorhersage des Saisonbeginns oder -endes. Die Trefferquote reicht von der exakten Vorhersage zum Beispiel bei Seeigellarven bis zu einer Abweichung um maximal sieben Wochen bei den Larven bodenlebender Krebse.

Damit setzt die Forschergruppe unter der Leitung von Wulf Greve Maßstäbe in der internationalen Meeresforschung. Das Prognoseverfahren wurde in den Jahren 1996 bis 1999 im Rahmen eines gemeinsamen Projektes des Forschungsinstitutes Senckenberg, der Biologischen Anstalt Helgoland, des Fachbereichs Informatik und des Zentrums für Meeres- und Klimaforschung der Universität Hamburg sowie dem Bundesamt für Seeschiffahrt und Hydrographie in Hamburg entwickelt.

Greve verfolgte in diesem Projekt ein zu den üblichen Vorgehensweisen alternatives Modell. Anstelle einer primär auf die Ernährung der Zooplankter ausgerichteten Untersuchung betrachtete er für jede Einzelart gleichermaßen Futter, Feinde, Strömung und Wassertemperatur, die auch auf die Elterntiere der Planktonorganismen wirkt. Diese systemökologische Betrachtungsweise wurde durch eine 20-jährige Meßreihe unterstützt, die Greve mit seinen Mitarbeitern auf Helgoland gewonnen hat. Durch die dabei eingehaltene hohe Meßdichte von mindestens einer Probe in jeder Woche stand ihm ein Material zur Verfügung, an dem die unterschiedlichen Hypothesen über das Vorkommen des Planktons systematisch überprüft werden konnten. Zur Berechnung setzten die Wissenschaftler neben statistischen Verfahren Simulationsmodelle und Künstliche Neuronale Netze ein.

Unabhängig voneinander ergaben sie, daß die Meerwassertemperatur bei der Steuerung der Zooplanktondynamik eine größere Bedeutung zufällt, als die bisher benutzten Modelle vorsehen.

Die 1999 veröffentlichten Prognosen für eine Auswahl von Arten sind ein erster erfolgreicher Versuch. Es ist vorgesehen, sowohl die Anzahl der Arten von 17 auf annähernd 200 zu erweitern, als auch durch Integration verschiedener Verfahren die Ergebnisse zu verbessern. Dabei werden Strömungsmodelle ebenso wie biologische Simulationsmodelle und die Verfahren der Künstlichen Intelligenz zum Einsatz kommen, deren Möglichkeiten bereits erprobt wurden.

Die saisonale Prognose, die angibt, in welchem Zeitraum eine Art hauptsächlich vorkommt, wurde als erster Schritt eingeführt. Die Vorhersage der Größenordnung und der absoluten Häufigkeit sind der zukünftigen Prognostik vorbehalten. Die Prognosen können im Internet unter http://www.meeresforschung.de/seg abgerufen werden.

Das Zooplankton – die Tiere des Meeres, deren Ortsveränderung stärker von der Wasserbewegung als von der eigenen Schwimmleistung bestimmt wird – setzt sich aus Milliarden zeitlebens im freien Wasser vorkommender Krebse, Pfeilwürmer und Quallen sowie den Larven der Fische und Bodenbewohner zusammen. Die Jahrgangsstärken fast aller Meeresbewohner werden im Plankton festgelegt. Mit der in den letzten Jahrzehnten beobachteten Erwärmung, die sich mit der erwarteten Klimaänderung fortsetzen dürfte, verschiebt sich nach den Untersuchungen der Hamburger Wissenschaftler der Zeitpunkt des Vorkommens vieler Zooplanktonarten. Damit ändern sich ihre Chancen, zum Zeitpunkt des günstigsten Nahrungsangebots vorzukommen. Für manche Arten ist das nachteilig, für andere vorteilhaft. So beginnt das ökologische Gleichgewicht, sich zu verschieben. Greve plant, diesen Regelungen in den zukünftigen Untersuchungen der SEG besondere Aufmerksamkeit zu widmen.

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