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News: Was verengt die Arterien bei Rauchern?

Gefäßverkalkung gehört zu den gefährlichsten Folgen des Glimmstengels. Wissenschaftler haben herausgefunden, dass bei Rauchern ein bestimmtes Enzym der Gefäßinnenheit, das normalerweise vor der Verkalkung schützt, die genau entgegengesetzte Funktion ausübt. Indem es die Bildung von freien Radikalen beschleunigt, fördert es den Verkalkungsprozess.
Die Kardiologen Thomas Heitzer und Thomas Münzel des Universitäts-Krankenhauses Hamburg-Eppendorf (UKE) konnten einen Mechanismus aufdecken, der erklärt, warum Blutgefäße bei Rauchern geschädigt werden. In Circulation Research vom 17. Februar 2000 stellten die Wissenschaftler ihre Befunde vor. Sie zeigten, dass bei Rauchern ein bestimmtes Enzym der Gefäßinnenhaut, die NO-Synthase, ihre Funktion verändert. Damit wird aus einem Enzym, das normalerweise das Blutgefäß vor der Verkalkung schützt, ein Enzym, das den Prozess der Gefäßverkalkung durch die Bildung freier Radikale beschleunigt. Dieses Ergebnis besitzt möglicherweise eine therapeutische Bedeutung, da bestimmte Substanzen die Fehlfunktion des Enzyms stoppen können und somit wahrscheinlich der Prozess der Arterienverkalkung gestoppt werden kann.

Die Arterienverkalkung der Herz-Kranzgefäße, die so genannte koronare Herzkrankheit, stellt nach wie vor die Todesursache Nummer eins in Deutschland dar. Ein wichtiger Risikofaktor zur Entwicklung einer koronaren Herzkrankheit ist das Rauchen. Eine entscheidende Rolle spielen dabei Veränderungen der Gefäßinnenhaut, des Endothels. Diese Zellen haben nicht nur eine passive "Tapetenfunktion" sondern sind sehr stoffwechselaktiv. Das Endothel bestimmt, was aus dem Blut in den Organismus tritt, seine Zellen regulieren die Gefäßelastizität und halten die Adern intakt und keimfrei. Wird das Endothel in seiner Funktion beeinträchtigt, ist der Prozess der Gefäßverkalkung mit Komplikationen wie Gefäßverschluss und Herzinfarkt vorprogrammiert.

Der wichtigste und mit am besten charakterisierte Botenstoff der Endothelzellen ist das Stickstoffmonoxid, kurz NO genannt. NO ist quasi ein Gas, das durch ein im Endothel lokalisiertes Enzym, der NO-Synthase gebildet wird. NO wirkt gefäßerweiternd durch Senkung des Spannungszustandes der Gefäßmuskelzellen, es verhindert die Verplumpung von Blutplättchen und es verhindert, dass Entzündungszellen in die Gefäßwand einwandern. Jeder Vorgang der zu einer Verminderung der Konzentration von NO führt, trägt zu einer Beschleunigung des Gefäßverkalkungs-Prozesses bei.

Untersuchungen vor einigen Jahren wiesen darauf hin, dass der Zigarettenrauch unter anderem schädliche freie Radikale enthält. Diese aggressiven Substanzen sind in der Lage, NO zu attackieren, abzubauen und damit die positiven Wirkungen abzuschwächen. Zudem war klar, dass chronischer Zigarettenkonsum bei aktiven, aber auch bei Passivrauchern zu einer ausgeprägten Endothel-Fehlfunktion in Unterarmgefäßen und auch in Herzkranzgefäßen führt. Unklar war bisher, ob freie Radikale auf direktem Wege zu einer Gefäßfunktionsstörung führen oder ob sie indirekt den Prozess der Arteriosklerose fördern – durch eine Funktionsstörung zum Beispiel des NO-bildenden Enzyms.

Die NO-Synthase ist ein Enzym mit zwei Gesichtern. In einer gesunden Umgebung produziert das Enzym das, was es soll, nämlich NO. Ein wichtiger Kofaktor, der das Enzym NO-Synthase funktionstüchtig erhält, ist hierbei das Tetrahydrobiopterin. Neuere tierexperimentelle Befunde weisen darauf hin, dass die auch im Zigarettenrauch enthaltenen Reaktionsprodukte aus freien Radikalen in der Lage sind, bei dem Enzym NO-Synthase quasi einen Schalter zu betätigen, der die NO-Synthase zwingt, von einer NO-Produktion auf eine Produktion freier Radikale umzuschalten. Dieser Prozess wird als NO-Synthase-Entkopplung bezeichnet. Damit wird aus einem Enzym, das normalerweise das Gefäß vor dem Prozess der Verkalkung durch die Bildung von NO schützt, ein Enzym, das den Prozess der Gefäßverkalkung durch die Bildung freier Radikale beschleunigt.

Den UKE-Kardiologen Thomas Heitzer und Thomas Münzel ist es nun gelungen, einen Mechanismus aufzudecken, der für die schlechte Endothelfunktion bei Rauchern verantwortlich ist. Die Befunde zeigen, dass die Infusion des NO-Synthase-Kofaktors Tetrahydrobiopterin zu einer deutlichen Verbesserung der Endothelfunktion bei Rauchern führte, während bei Nichtrauchern kein Effekt erzielt werden konnte. Dies bedeutet, dass die schlechte Endothelfunktion bei Rauchern in erster Linie auf eine Entkopplung der NO-Synthase zurückzuführen ist. Dieser Befund besitzt möglicherweise eine therapeutische Bedeutung, so dass künftig durch ein Medikament der Prozess der Arterienverkalkung gestoppt werden könnte.

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