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News: Taufliegengenom entschlüsselt

Die unauffällige, kleine Taufliege hat die Führung im genomischen Rennen übernommen. Mit einer Methode, die noch vor zwei Jahren öffentlich zerrissen wurde, konnte eine Forschergruppe in den USA nun das Erbgut des 'Lieblingstiers der Genetiker' entschlüsseln. Damit ist die vollständige Sequenzierung des bisher größten Genoms gelungen, was vermutlich die gesamte Forschung stark vorantreiben wird.
Das Unternehmen Celera Genomics in Rockville, Maryland, das mit einer Reihe von akademischen Einrichtungen zusammenarbeitet, konnte 97 Prozent der 120 Millionen Basenpaaren, inklusive aller informationstragenden Regionen der Taufliege (Drosophila melanogaster) entschlüsseln, gab ein Sprecher am 18. Februar 2000 auf dem jährlichen Treffen der American Association for the Advancement of Science bekannt. Der Prozentsatz ist damit so hoch, dass viele Wissenschaftler die Aufgabe als vollendet ansehen. Die verbleibenden drei Prozent sollten nach Meinung von Mark Adams von Celera in den nächsten Monaten erledigt werden können. Der Rest des Genoms – etwa 60 Millionen Basenpaare – enthält repetitive und nichtcodierende DNA, deren vollständige Bestimmung die Möglichkeiten heutiger Sequenziertechnologien überschreitet und von geringem wissenschaftlichen Interesse ist.

Schon seit fast hundert Jahren haben Wissenschaftler anhand von Mutationen in der Taufliege untersucht, wie Gene funktionieren und welche Aufgabe sie haben. In den letzten Jahren stellte sich immer mehr heraus, dass viele der entdeckten Gene ihre entsprechenden Gegenstücke in anderen Organismen wie auch dem Menschen haben, was das Insekt zu einem noch wertvolleren Werkzeug für die Genomforschung macht. Die Kenntnis der gesamten Sequenz "wird die Art, wie Forschung gemacht wird, verändern", sagt der Genetiker Lawrence Goldstein von der University of California in San Diego.

Der Erfolg des Taufliegenprojektes kann vielleicht Skeptiker von der Nützlichkeit der neuen Methode – des whole genome shotgun approach – überzeugen. Bei dieser Technik wird die DNA eines Organismus vor dem Sequenzieren in unzählige kleine Fragmente zerteilt und die Daten später mittels eine sehr leistungsstarken Computers wieder zusammengefügt. Als der Präsident von Celera, J. Craig Venter, im Mai 1998 ankündigte, das menschliche Genom auf diesem Wege zu entschlüsseln, zeigten sich viele Genetiker ausgesprochen skeptisch. Sie vermuteten, dass Venter nicht in der Lage sei, die Millionen von Bruchstücken wieder korrekt zusammenzusetzen, und dass dadurch Lücken in den Sequenzen übrig blieben. Durch ein von Bioinformatiker Gene Myers entwickeltes Computerprogramm funktionierte die Methode aber "besser, als man angenommen hatte".

Bisher bestehen noch etwa 1600 Lücken in der Sequenz, aber schon jetzt nehmen die Wissenschaftler an, dass die Taufliege um die 13 000 Gene besitzt. Bei über der Hälfte von ihnen hat man noch keinerlei Hinweise auf die Funktion, sagt Adams und fügt hinzu, dass einige Gene jedoch "förmlich ins Auge sprangen", wie zum Beispiel das lange Zeit gesuchte Äquivalent zum menschlichen Tumorsuppressorgen p53.

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