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News: Eene, meene muh, und Fettzelle bist du

Am Anfang steht den Zellen die Welt offen. Alles können sie werden, von der Nervenzelle bis hin zu Muskel- oder Fettzellen. Dann werden im Laufe der Entwicklung aus den embryonalen Stammzellen Vorläuferzellen, die sich nur noch zu einer begrenzten Bandbreite von Zellentypen ausbilden können. Am Ende müssen sie sich für einen Zelltyp entscheiden, zum Beispiel Fettzellen. Bestimmte Proteine greifen in frühe Stadien der Zellentwicklung ein und wirken hier wie Schalter. In ihrer Abwesenheit differenzieren sich beispielsweise auch als Muskelzellen bestimmte Zellen zu Fettzellen.
Am Anfang der Zellentwicklung steht die embryonale Stammzelle, aus der sich noch alle Zelltypen entwickeln können. Die daraus entstehenden Vorläuferzellen bilden nur noch ein begrenztes Repertoire an Zellen. Beteiligt an der Zelldifferenzierung ist eine Proteinfamilie mit bislang 18 bekannten Mitgliedern, die den Molekularbiologen als Wnts (ausgesprochen wints) bekannt sind. Etwas Besonderes ist diese Proteingruppe an sich nicht, denn sie kommt in allen Tierarten vor, was vielmehr für ihren universellen Charakter spricht. Die Proteine regulieren die komplizierten genetischen und biochemischen Veränderungen, die während der Embryonalentwicklung stattfinden. Die Beteiligung von Wnts an frühen Phasen der Zellentwicklung ist den Wissenschaftlern schon länger bekannt. Aber Ormand A. MacDougald und sein Team von der Medical School der University of Michigan haben die Schalterproteine nun erstmals mit der Differenzierung zu Fettzellen in Verbindung gebracht.

Die Proteine der Wnt-Familie sind an einem Signalweg beteiligt, indem sie an einen Rezeptor der Zellmembran binden und hierüber im Zellinneren eine Kaskade von biochemischen Signalen in Gang setzen. Schließlich endet der Signalweg im Zellkern und schaltet über zwei so genannte Transkriptionsfaktoren – C/EBP alpha und PPAR gamma – die Entwicklung von Fettzellen an. Beziehungsweise schaltete sie nicht an, denn das Protein Wnt 10b hemmt die Bildung der beiden Transkriptionsfaktoren und somit auch die Fettzellentwicklung. Aus diesem Grunde kann man das spezielle Protein als einen molekularen Schalter betrachten. Ist er angeschaltet, können sich keine Fettzellen entwickeln. Steht er hingegen auf aus, dann können sogar Muskelzellen ihren Typ verändern. MacDougald demonstrierte die Rolle von Wnt in diesem Entwicklungsprozess, indem er das Protein spezifisch blockierte. Nach ein paar Tage wandelten sich Myoblasten – die Vorläuferzellen von Muskelzellen –, die sich schon auf den Weg zur Muskelzelle gemacht hatte, spontan zu Fettzellen um. Dies legt den Schluss nahe, dass aktive Signale von Wnt nötig sind, um die Entwicklung zur Muskelzelle aufrecht zu erhalten.

Die Physiologen arbeiteten im Mausmodell mit zwei verschiedenen Zelltypen: einerseits mit Vorläuferzellen für Muskelzellen, andererseits mit Präadipocyten, die sich normalerweise zu Fettzellen entwickeln. MacDougald injizierte beide Vorläuferzellen unter die Haut von Mäusen und erlaubten ihnen, in ein paar Tagen zu kleinen Gewebepolstern heranzuwachsen. Enthielten die Zellen zu Beginn kein Wnt-Protein, dann fanden sich in den neu gewachsenen Geweben Fettzellen. Anders war es in der Abwesenheit des regulierenden Wnts: Hier entstanden noch undifferenzierte Zellen.

"Das Verständnis dieses Entwicklungsweges könnte den Forschern helfen zu verstehen, wie und warum sich Fettleibigkeit entwickelt", erklärt die Erstautorin Sarah E. Ross (Science vom 10. August 2000). In weiterführenden Studien will MacDougald nun untersuchen, ob das Protein Wnt 10b in lebenden Mäusen den selben hemmenden Effekt auf die Fettzellen ausübt wie in Zellkulturversuchen. "Wir planen den Einsatz von Gentechnologie, um die Expression von Wnt 10b an den sich entwickelnden Fettzellen zu lenken", sagt MacDougald. "Unser Ziel ist es, eine fettfreie Maus zu kreieren".

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