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News: Das 'kleine Schwarze'

Schwarze Löcher - eigentlich heißen sie so, weil sie völlig dunkel erscheinen. Denn sie sind so schwer, dass nicht einmal Licht ihnen entkommen kann. Doch ausgerechnet die massereichsten unter ihnen sind dafür verantwortlich, dass die Galaxien, in deren Zentren sie sich befinden, die hellsten Objekte im Universum sind. Jetzt haben Astronomen erstmals nachgewiesen, dass auch ein erheblich kleineres schwarzes Loch fast genau so viel Röntgenlicht wie ein großes Exemplar aussenden kann.
Unter superschweren schwarzen Löchern verstehen Astronomen normalerweise solche Objekte mit rund einer Million bis einer Milliarde Sonnenmassen, eingesperrt in einer Region in der Größe des Sonnensystems. Sie sollen die Quelle der intensiven Strahlung sein, wie sie aus den Zentren vieler Galaxien, zum Beispiel der Quasare, kommt. Durch ihre ungeheure Schwerkraft verschlingen sie Gas, Staub und sogar ganze Sterne so schnell, dass die einfallende Materie sich auf Millionen von Grad aufheizt und daher im ganzen Spektrum, aber besonders im Röntgenbereich, hell leuchtet.

In Galaxien ohne hellen Kern – wie zum Beispiel der Milchstraße – könnte das zentrale schwarze Loch möglicherweise keinen Brennstoff mehr haben, weil es schon alle Materie in seiner Umgebung verschluckt hat. Oder aber es akkretiert Materie nur viel langsamer – warum auch immer. Die Theorie des "advektions-dominierten Akkretions-Flusses" (Advection-Dominated Accretion Flow ADAF) erklärt das Phänomen mit einem schwarzen Loch, das zwar wie erwartet Materie verschlingt, aber sehr ineffizient strahlt, wobei ein Teil der Strahlung vielleicht sogar wieder in das Loch selbst zurückfällt. Jetzt haben Kazushi Iwasawa, Andrew Fabian vom Institute of Astronomy und andere Astronomen aus Japan und Großbritannien die Miniversion eines supermassiven Loches gefunden. Dieses Ergebnis wird in einer der nächsten Ausgaben der Monthly Notices of the Royal Astronomy Society erscheinen.

Mit dem Advanced Satellite for Cosmology and Astrophysics ASCA, einem Japanischen Röntgen-Teleskop, haben die Forscher das Objekt im Kern der Galaxie NGC 4395 ausgemacht. Es gehört zu einer sich derzeit herausbildenden Klasse von schwarzen Löchern mittlerer Masse – tausendmal massereicher als stellare schwarze Löcher, aber eintausend bis Millionen mal schwächer als die größten ihrer Art. Und es emittiert genau so viele Röntgenstrahlen wie viele seiner großen Brüder. Also könnten hinter den etwas dunkleren der hellsten Objekte im Universum solche schwarzen Löcher stecken, die einfach alles geben, um Strahlung zu erzeugen.

Die Röntgenstrahlung dieses schwarzen Lochs war lange unerklärlich. Aus früheren Beobachtungen hatten Astronomen geschlossen, dass die Galaxie im Inneren vielleicht einige extrem helle Sterne beherbergt. Aber eigentlich war die Quelle zu hell für diese Theorie. Zudem passte sie weder zum ADAF-Modell, noch konnte sie die Intensitätsschwankungen erklären.

"Jetzt sehen wir, dass die Quelle im Kern von NGC 4395 eine kleinere Version eines schwarzen Loches ist, wie es sie in den hellsten Galaxien gibt", erklärt Fabian. "Es ist genau das gleiche, nur kleiner." Iwasawa fügt hinzu: "Die neuesten Untersuchungen mit Hubble und anderen Teleskopen zeigen, dass massive dunkle Ojekte überall in Galaxienzentren erscheinen. Diese dunklen Objekte sind wahrscheinlich schwarze Löcher, und wir beginnen zu erkennen, dass es sie in den verschiedensten Größen gibt."

Die geringe Masse des schwarzen Lochs in NGC 4395 deutet darauf hin, dass die Variabilität der Röntgenstrahlung in aktiven Galaxien mit der Masse und nicht mit der Leuchtkraft zusammenhängt. Daraus würde folgen, dass sich solche Objekte im Zentrum einiger aktiver Galaxien von geringer Leuchtkraft befinden. "Wir wissen nicht, wie verbreitet Galaxien wie NGC 4395 sind, aber es würde uns nicht überraschen, wenn es da draußen eine ganze Menge gäbe", sagt Iwasawa. "Bisher ist NGC 4395 die einzige, die wir kennen. Sie könnten aber schwer aufzuspüren sein, weil sie normalerweise nur in winzigen Galaxien zu finden sind."

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