Direkt zum Inhalt

News: Der Elektrosensibilität auf der Spur

Lange schon steht die Frage im Raum, ob Handys nun schädlich sind oder nicht. Gewisse Menschen, die sich für elektrosensibel halten, werden die Frage mit ja beantworten. Denn sie denken, dass sie elektromagnetische Strahlen wahrnehmen können. Welche Wirkungen der Elektrosmog nun wirklich hat, wollten jetzt Schweizer Wissenschaftler erfahren.
Der Begriff Elektrosensibilität beschreibt Störungen des Befindens, die auf den so genannten Elektrosmog zurückgeführt werden. Elektrosmog entsteht beispielsweise durch die Abstrahlung von elektrischen und magnetischen Feldern, wie sie beim Gebrauch von Haushaltgeräten erzeugt werden. In den letzten Jahren klagten mehr und mehr Menschen über Störungen, die sie auf solche Einflüsse zurückführen. Ein Zusammenhang zwischen den Beschwerden und elektrischen und magnetischen Feldern konnte aber bis heute nicht nachgewiesen werden. In einem vierjährigen Forschungsprojekt namens NEMESIS (Niederfrequente elektrische und magnetische Felder und Elektrosensibilität in der Schweiz) haben Wissenschaftler am Institut für Hygiene und Arbeitsphysiologie der ETH Zürich die Wirkung elektrischer und magnetischer Felder auf den Menschen untersucht.

In zwei doppelblind ausgelegten Studien wurde nach Reaktionen auf zufällig ein- und ausgeschaltete elektrische und magnetische Felder gesucht. Dabei waren unter den Testpersonen auch 54 Personen zwischen 17 und 76 Jahren, die sich selber als elektrosensibel bezeichnen. Die erste Studie dauerte pro Proband 20 bis 25 Nächte. Die Untersuchung wurde in den Wohnungen der Versuchspersonen durchgeführt, um keine Reaktionen durch eine ungewohnte Umgebung hervorzurufen. Während des Experiments wurden Veränderungen der Schlafqualität, der Schlaftiefe, des Befindens am Morgen und am folgenden Tag sowie physiologische Größen wie Bewegung, Atmung, Herzschlag und Ausweichverhalten erfasst. In der zweiten Studie wurde die Fähigkeit der direkten Wahrnehmung elektrischer oder magnetischer Felder in einem Labor des Instituts untersucht.

Die Schlaftiefe und das Befinden nach dem Aufwachen wurden bei den Probanden durch die nächtliche Einwirkung der Felder beeinflusst. Bei allen Personen unterschieden sich die Nächte mit Feld von Nächten ohne Feld. Zwar veränderte das Feld die Schlafqualität, das Befinden am Tag und die Anzahl der Bewegungen im Bett nicht nachweisbar. Dennoch ließ die Auswertung einzelner Herzparameter Veränderungen unter Feldeinfluss erkennen. Einige Versuchspersonen wichen der Stelle mit der größten Magnetfeldbelastung aus. Diese unbewusste Verhaltensanpassung wurde bei mehreren Probanden beobachtet, sodass es nicht allein duch zufällige Bewegungen im Bett zu erklären ist. Interessanterweise fühlten sich die Personen am Morgen nach einer Feldexposition oft besser und wacher. In der Laborstudie wurde die Hypothese bestätigt, dass die untersuchten Felder direkt wahrgenommen werden können. Es zeigte sich aber kein Unterschied zwischen der Gruppe der subjektiv Elektrosensiblen und einer nicht-sensiblen Kontrollgruppe. In beiden Gruppen waren im Verhältnis gleich viele Personen mit überzufällig vielen guten Treffern vertreten. Die Überzeugung, elektrosensibel zu sein, hängt offenbar nicht mit der Fähigkeit einer Wahrnehmung elektrischer oder magnetischer Felder zusammen.

Die kombinierte Auswertung aller Untersuchungen des Projekts zeigt, dass es vereinzelt Menschen gibt, die auf schwache elektrische oder magnetische Felder direkt oder indirekt reagieren, indem sich bei ihnen physische und psychische Veränderungen bemerkbar machen. Die Eigenschaft der Wahrnehmung elektrischer oder magnetischer Felder ist je nach der momentanen "Empfänglichkeit" der Person unterschiedlich gut ausgeprägt. Sie wird von vielen körperlichen, physikalischen, psychischen und sozialen Faktoren mitbestimmt. Subjektive Elektrosensibilität, bei der Betroffene eine Anzahl Krankheitszeichen unklarer Ursache beklagen und die Wahrnehmung der Felder sind zwei voneinander unabhängige Erscheinungen.

Nach den Ergebnissen ihrer Studie schließen die Wissenschaftler nicht auf eine Gesundheitsgefährdung durch die untersuchten Felder. Es zeigte sich außerdem, wie auch schon bei einer schwedischen Studie, dass Betroffene lernen können, mit der Elektrosensibilität zu leben. In einigen dokumentierten Fällen verschwand die Elektrosensibilität sogar von selbst. Also kein Grund auf das Handy zu verzichten?

Siehe auch

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

  • Quellen

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.