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News: Die komplizierte Geburt der Sterne

Galaxien sind entweder Kreißsaal neuer Sterne oder Heimstatt schwarzer Löcher. So dachte man zumindest bisher. Die Analyse von Röntgenspektren legt nun nahe, dass sich beide Phänomene nicht zwangsläufig ausschließen, ja sich vielleicht sogar gegenseitig bedingen. Die schwarzen Löcher wären dann gleichsam die Geburtshelfer neuer Sterne.
Die so genannten Seyfert-Galaxien gehören zu den hellsten Objekten im fernen Universum. In ihren Zentren befinden sich schwarze Löcher, die kaum so groß sind wie unser Sonnensystem. Unaufhörlich nehmen sie Sterne und andere Materie in sich auf und setzen dabei ungeheure Energien frei. Auf diese Weise entsteht die intensive Röntgenstrahlung mit ihrem Ursprung in jenem schwarzen Loch. Anhand der Emissionen unterscheiden Astronomen die Seyfert-1 und die Seyfert-2-Galaxien. Während beim Typ 1 die Energieabstrahlung des schwarzen Loches deutlich sichtbar ist, wird sie beim Typ 2 nur verschwommen wahrgenommen. Bisher glaubte man, dass dies lediglich Folge unterschiedlicher Blickwinkel sei, doch Nancy Levenson vom Henry A. Rowland Department of Physics and Astronomy der Johns Hopkins University und ihre Kollegen glauben, dass der Blick durch die explosionsartige Geburt zahlloser neuer Sterne getrübt wird (Treffen der High-Energy Astrophysics Division der American Astronomical Society am 6. November 2000 in Honolulu, Abstract).

Eigentlich war man davon ausgegangen, dass Galaxien, in denen sich neue Sterne bilden, und solche, in denen sich ein schwarzes Loch befindet, voneinander unabhängige Phänomene sind. Doch als das Team um Levenson die Röntgenspektren von 14 Seyfert-Galaxien auswertete, stellte es fest, dass sie offenbar beides gleichzeitig aufweisen. Frühere Untersuchungen hatten bereits erste Hinweise ergeben, dass die beobachteten Galaxien ähnliche Merkmale zeigen wie Galaxien mit einer hohen Neubildungsrate an Sternen. Solche stellaren Kinderstuben können fast genauso hell sein wie Seyfert-Galaxien, doch stammt die Strahlung hier nicht aus dem Zentrum, sondern aus dem weiteren Umfeld, in dem die Sterne entstehen. Die genaue Analyse der Röntgen-Spektren untermauerte nun die Vermutung, dass diese Seyfert-Galaxien tatsächlich eine sehr aktive Geburtsstätte für eine Vielzahl neuer Sterne sind. "Irgendetwas muss in einer Region explosiver Sternenentstehung so sehr auf die Materie einwirken, dass sie akkumuliert und zu neuen Sternen wird," meint Levenson. "In den Seyfert-Galaxien könnte dies durch die Gravitation der schwarzen Löcher geschehen."

Vielleicht ließen sich so auch die unterschiedlichen Intensitäten beider Seyfert-Typen erklären. Die verschleierte Sicht zum Zentrum könnte ihren Grund ja durchaus in der Kinderstube der Sterne haben. In späteren Stadien ereilt sie dann ein explosiver Tod, der den umgebenden Raum wieder von Gas und Staub befreit und erneut freie Sicht zum Zentrum gewährt. "Langsam realisieren wir, dass Seyfert-Galaxien ganz eng mit der Geburt von Sternen verbunden sind", sagt Kimberly Weaver vom NASA Goddard Space Flight Center. Die massenhafte Bildung von Sternen könnte einen wesentlichen Anteil am Energieausstoß dieser Galaxien haben. Ob dies allerdings jemals durch Beobachtungen bewiesen werden kann, ist zweifelhaft. Das Material, das in das schwarze Loch stürzt, bildet die typische Scheibe nämlich in eine Entfernung von gerade einmal 0,3 Lichtjahren. Jene Sterne entstehen hingegen in einigen Hundert Lichtjahren Entfernung. Von der Erde zu den entsprechenden Galaxien sind es noch einmal 50 bis 500 Lichtjahre, eine Verbindung zwischen den beiden Prozessen wird also schwerlich zu erkennen sein. Zumal das schwarze Loch dermaßen hell ist.

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