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News: Nanoröhren leiten winkelabhängig

Makroskopisch ist alles ganz einfach: Stehen zwei elektrische Leiter zueinander in Kontakt, kann ein Strom durch sie fließen. Dabei ist es einerlei, wie die Oberflächen der Leiter zueinander orientiert sind, der Stromfluss und damit auch der Widerstand ist immer gleich groß. Im Bereich weniger Nanometer ist mal wieder alles anders. Hier macht es sehr wohl einen Unterschied, ob das Atomgitter an den Grenzflächen gleich ausgerichtet ist oder nicht. Physiker in den USA haben diese Widerstandsänderung bei der Rotation kleiner Nanoröhrchen festgestellt.
Vor etwas mehr als einem Jahrzehnt haben japanische Wissenschaftler erstmals Nanoröhren synthetisiert. Die Herstellungsweise ist prinzipiell recht einfach. Zwischen zwei Kohlenstoffelektroden wird eine grell leuchtende Bogenentladung gezündet. Im dabei entstehenden Ruß findet man neben Fullerenen auch die langgezogenen Röhrchen mit einem Durchmesser von einem knappen bis zu einigen Zehn Nanometern. Ihre Länge liegt im Bereich einiger Hundert Nanometer bis zu ungefähr fünf Mikrometern. Ihre ungewöhnliche Flexibilität, Stärke und Elastizität stellt so manches andere Material in den Schatten und macht die Winzlinge beispielsweise interessant für Werkstoffe in der Luftfahrt. Aber auch die elektrischen Eigenschaften sind durchaus einen genaueren Blick wert.

Scott Paulsen und seine Mitarbeiter von der University of North Carolina (UNC) haben den elektrischen Widerstand von Nanoröhren in Abhängigkeit ihrer Orientierung zur Unterlage gemessen (Science vom 1. Dezember 2000). Für die aufwendigen Messungen nutzen die Forscher den so genannten Nanomanipulator, der vor einigen Jahren an der UNC entwickelt wurde. Das Gerät besteht aus zwei wesentlichen Teilen: Zum einen ein Rasterkraftmikroskop, zum anderen ein System, das dreidimensionale Bilder darzustellen vermag und Probenstrukturen mittels einer besonderen Technik erfühlbar macht. Der Apparat erlaubt es den Wissenschaftlern, eine dreidimensionale Oberfläche einer Probe eine Million mal größer zu sehen und zu fühlen. Der Nanomanipulator eignet sich insbesondere zur Untersuchung und Manipulation submikroskopischer Objekte.

Zunächst haben die Wissenschaftler die Lage einer ausgewählten Nanoröhre auf Graphit genau bestimmt. Anschließend setzten sie, um den Widerstand zu messen, die Spitze des Rasterkraftmikroskops auf die Ummantelung der Kohlenstoffröhre auf und verwendeten sie als Elektrode. Als zweite Elektrode diente die Graphitunterlage selbst, auf der das Röhrchen der Länge nach liegt. Die Messung zeigte, dass der elektrische Widerstand periodisch mit dem Winkel zwischen Röhre und Graphitunterlage variierte. Es traten bei einer vollen Drehung der Röhre sechs Maxima beziehungsweise Minima im Widerstand auf. Offenbar wiederholt sich das Widerstandsverhalten alle 60 Grad, da Graphit eine hexagonale Struktur und damit eine sechszählige Symmetrie aufweist.

Hier sei ein sehr direkter Nachweis gelungen, dass Elektronen in einem Material in eine bestimmte Richtung wandern, meint Richard Superfine von der UNC. Soll der Widerstand an der Grenzfläche zweier Objekte klein sein, so müssen beide entsprechend gleich orientiert sein. Weiterhin ist der Effekt bei Nanoröhren verstärkt, sagt Superfine. Es treten hier Widerstandsänderungen von mehr als einer Größenordnung auf.

Der Effekt könnte in Zukunft dafür genutzt werden, Sensoren zu bauen, die Rotationen von Objekten im Nanometermaßstab messen. So ließe sich beispielweise auch ein Drehzahlmesser für einen Nanomotor herstellen.

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