Antikes Athen: Licht ins Dunkel

Im Abglanz der Göttin
Der Tempel der Athena Parthenos auf der Akropolis von Athen gilt als perfektes Bauwerk der griechischen Klassik. Seitdem allerdings im Jahr 1687 der Volltreffer eines Lüneburger Kanoniers das dort befindliche Munitionsdepot osmanischer Truppen in die Luft jagte, thront nurmehr eine Ruine über der griechischen Hauptstadt. Verlorengegangen ist dabei auch die Wirkung, die der Tempel im Innern entfaltete.
Diesen Eindruck originalgetreu zu rekonstruieren und wieder erlebbar zu machen, hat sich Juan de Lara von der University of Oxford vorgenommen. Rund fünf Jahre arbeitete der Altertumswissenschaftler und Digitalexperte mit seinem Team an der digitalen Nachbildung, die er auf der Website parthenon3D.com und bei Youtube präsentiert.
Das Computermodell, das den Lichteinfall und die Materialeigenschaften physikalisch korrekt simuliert, liefert eine andere Optik als vielfach angenommen. Die Halle war wohl insgesamt recht düster, trotz der marmornen Innenausstattung. Die vermutlich einzige größere Öffnung im Gebäude war das Eingangsportal, das nur wenig Licht passieren ließ. Mit einer Ausnahme: Um den 25. April und den 30. August herum hüllte die frühe Morgensonne die Statue der Athena für einige Minuten in helles Licht und ließ das Kultbild nahezu gottgleich aus dem Dunkel hervortreten. Diese Ausrichtung war womöglich kein Zufall: Das Augustdatum könnte mit jener Zeit im Jahr zusammenfallen, in der die Athener ihr wichtigstes Fest, die Panathenäen, feierten. Die vom berühmten Bildhauer Phidias aus Gold und Elfenbein geschaffene monumentale Statue der Göttin könnte zusätzlich auch durch Lampen in Szene gesetzt worden sein, deren Wirkung de Lara hier ebenfalls simuliert hat.
Mithilfe der 3-D-Software konnte de Lara auch weitere Hypothesen zur Beleuchtung des Tempels kritisch überprüfen. Etwa dass das Wasserbecken zu Füßen der Göttin das Kultbild mittels Spiegelwirkung aufgehellt habe. De Lara fand allerdings keinen nennenswerten Effekt. Lichtschächte im Dach, wie sie manche Autoren vorschlugen, gab es seiner Meinung nach ebenfalls nicht, sie hätten nur einen geringen Zugewinn an Helligkeit geliefert, schreibt er im Fachblatt »Annual of the British School at Athens«.
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