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Dänemark: Runen auf Gold liefern frühsten Beleg für den Gott Odin

Auf einem Medaillon aus dem dänischen Vindelev steht der Name des obersten Gotts im nordischen Pantheon: Odin. Die Runen bezeugen, dass der Glaube an die Gottheit rund 150 Jahre älter ist als bislang gedacht.
»Er ist Odins Mann«, steht in Runenschrift auf diesem Medaillon aus dem 5. Jahrhundert.

»Er ist Odins Mann«

Früher als bislang angenommen glaubten Menschen in Europa an den Gott Odin. Das bezeugt ein Goldmedaillon vom Beginn des 5. Jahrhunderts aus dem dänischen Vindelev. Der mit Figuren verzierte Anhänger ist mit Runen beschriftet, die unter anderem einen »Mann Odins« nennen, wie die beiden Experten Lisbeth Imer vom Nationalmuseum in Kopenhagen und Krister Vasshus von der Universität Bergen im Wissenschaftsmagazin »Videnskab.dk« berichten.

In der Mitte des handtellergroßen Medaillons ist der Kopf eines Mannes abgebildet, unter ihm sind ein Pferd und neben ihm eine Swastika sowie ein Halbkreis zu sehen – womöglich stellen die beiden Letzteren Symbole für Sonne und Mond dar. Imer und Vasshus deuten die Figur als Herrscher. Um sein Bild verläuft im Kreis eine Inschrift. Weil die Runen ohne Abstände ins Metall gestempelt wurden und stellenweise abgerieben sind, hatten die Sprachexperten einige Schwierigkeiten, den Text zu entziffern und zu übersetzen. »Zudem ist die Sprache auf dem Brakteaten mehr als 1500 Jahre alt«, schreiben die beiden Forscher auf »Videnskab.dk«, und viele Wörter aus dieser Zeit seien noch unbekannt. Brakteat, dieser moderne Begriff dient als Bezeichnung für nur auf einer Seite geprägte Medaillons wie das Stück aus Vindelev.

Entsprechend konnten die Forscher bisher lediglich einen Teil der Inschrift zweifelsfrei übersetzen. Am Beginn sei möglicherweise von Opfertieren die Rede, von einem Jäger und einer Person namens Jaga. Das Textende laute aber recht sicher »Er ist Odins Mann«. Imer und Vasshus zufolge sei damit der abgebildete Herrscher gemeint, der sich durch seine Nähe zu Odin als König legitimiert haben könnte.

Noch ein Medaillon mit fast derselben Inschrift

Eine Kopie der Inschrift entdeckten die beiden Experten auch auf einem weiteren Brakteaten aus Vindelev. Allerdings sei diese Version kaum lesbar, etwa weil der Schreiber Buchstaben verwechselt habe. Eventuell hatte der Kopist die originalen Worte also schlicht nicht verstanden.

Die bislang älteste bekannte Inschrift, die den Glauben an Odin oder Wodan – so sein südgermanischer Name – bezeugt, fand sich im bayerischen Nordendorf: Es handelt sich um eine Bügelfibel, eine Gewandspange, aus der zweiten Hälfte des 6. Jahrhunderts.

Das Goldmedaillon entdeckte Ende 2020 ein Metallsondensucher auf einem Acker in Dänemark. Bei Vindelev in Jütland stieß er auf insgesamt 20 Goldobjekte, die Fachleute inzwischen an den Beginn des 5. Jahrhunderts datieren. Forschende vermuten, dass das 800 Gramm schwere Goldensemble im Besitz eines einflussreichen Fürsten gewesen sein muss. Bei Nachgrabungen legten Archäologen Reste von Langhäusern frei – womöglich befand sich hier der Sitz eines Lokalfürsten. Wie Imer und Vasshus schreiben, behängten sich Herrscher im 4. und 5. Jahrhundert mit Goldmedaillons wie jenen aus Vindelev, um ihre hohe gesellschaftliche Stellung zur Schau zu stellen.

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