Der Tod kommt auf leisen Schwingen
Adler schlägt Hirsch
Das Ganze dauerte nur zwei Sekunden und drei Aufnahmen lang – dann hatte der Adler wahrlich veritable Beute gemacht: einen jungen Sika-Hirsch, der im tiefen Schnee Ostsibiriens seinem Jäger der Lüfte unterlag. Zufällig aufgenommen wurde das Drama von einer so genannten Fotofalle, mit der Biologen um Linda Kerley von der Zoological Society of London eigentlich Sibirische Tiger im fernen Osten Russlands nachweisen wollten.
"Zuerst erblickte ich den Kadaver des Hirschs, als ich routinemäßig die Speicherkarte und Batterien der Kamera wechseln wollte", berichtet Kerley. "Doch der Fund war verwirrend, denn um ihn herum befanden sich keine Spuren großer Raubtiere. Es sah so aus, als wäre das Tier um sein Leben gelaufen, dann stoppte es plötzlich und starb."
Erst als die Forscher die Bilder auswerteten, enthüllte sich der wahre Tatablauf: der erste direkte Nachweis, dass Steinadler Hirsche aktiv erbeuten können – auch wenn es sich dabei um ein (relativ großes) Jungtier handelte. "Seit 18 Jahre erfasse ich, auf welche Art und Weise Hirsche in dieser Region verenden. Es ist das erste Mal, dass ich so etwas sehe", so Kerley. Steinadler gelten allerdings als opportunistische Jäger, die verschiedenste Beute schlagen: von der kleinen Schildkröte bis hin zu jungem Gams- oder Rehwild. Es ist sogar ein Fall aus dem Jahr 2004 verbürgt, bei dem ein Steinadler ein Bärenjunges schlug, das hinter seiner Mutter lief, bevor es in die Lüfte gerissen wurde – und dessen Spur sich dann leider verlor.
Die Studie erschien im "Journal of Raptor Research" 47, S. 328-330, 2013.
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