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Die Science-Top-Ten des Jahres 2006
Die Science-Top-Ten des Jahres 2006
© Asociación International Congress of Mathematicians, ICM (Ausschnitt)
Grigori Perelman | Da sage noch einer, Mathematik sei eine trockene Angelegenheit! Im Jahr 2006 jedenfalls ging es heiß her. Fast vier Jahre brauchte die Mathematikergilde, bis sie sich endgültig überzeugen ließ: Grigori Perelman hat tatsächlich den Beweis für die Poincaré-Vermutung entwickelt. Über dieses zentrale Problem des Fachgebiets Topologie, das sich mit Objekten beschäftigt, die aus einer Verallgemeinerung des üblichen Raumbegriffs entstanden sind, hatten sich Mathematiker seit einem Jahrhundert vergeblich die Köpfe zerbrochen. Dieses Jahr bekam der menschenscheue Perelman nun die höchste Auszeichnung der Mathematik - die Fields-Medaille -, die er prompt zurückwies. Eine Entscheidung, die kaum jemand nachvollziehen konnte.
© Erik Trinkaus (Ausschnitt)
Neandertaler | Neue Sequenziertechniken machten es dieses Jahr möglich, in größerem Umfang das Erbgut von Fossilien zu untersuchen. Passend zum 150. Jahr seiner Entdeckung entlockten Forscher etwa dem Neandertaler über DNA-Analyse einige Geheimnisse. So scheint es nun doch nicht mehr völlig unwahrscheinlich, dass Homo sapiens und Homo neanderthalensis sich vermischt haben. DNA-Untersuchungen gaben dieses Jahr aber auch Aufschlüsse über andere Fossilien - etwa das Mammut.
© Alfred-Wegener-Institut (Ausschnitt)
Eislandschaft vor Grönland | Eine beängstigende Entwicklung: Die Eisdecken der Antarktis und von Grönland verlieren immer mehr Eis. Es schmilzt nicht nur zügiger, sondern bewegt sich auch schneller. Radaruntersuchungen zeigen, dass sich die Geschwindigkeit der Gletscher, die das Eis von den Schelfs führen, in den letzten Jahren verdoppelt hat. Wissenschaftler rätseln noch, warum die Eisriesen derart sensitiv auf die bislang relativ bescheidene Erwärmung der Atmosphäre und des Ozeanwassers reagieren. Viele Fragen schweben in der Luft - die Science-Redakteure erwarten hier deshalb in den nächsten Jahren noch einige Durchbrüche.
© Edward Daeschler (Ausschnitt)
Tiktaalik roseae | Dieses Jahr machten Paläontologen einen sensationellen Fund: Tiktaalik roseae, ein eigenartiges Wesen, das vor 375 Millionen Jahren lebte. Das Besondere an Tiktaalik: Er war ein Fisch mit Beinen. Damit ist er wohl das bislang unbekannte fossile Bindeglied zwischen den Land- und Meerestieren. "Tiktaalik verwischt die Grenze zwischen Fischen und Landwirbeltieren", kommentierte einer der Entdecker, Neil Shubin, den Fund. "Dieses Tier ist beides: Fisch und Tetrapode. Wir nennen es scherzhaft einen Fischpoden."
© Robert MacLaren, Moorfields Eye Hospital, London (Ausschnitt)
Makuladegeneration | Die altersabhängige Makula-Degeneration (AMD) ist die häufigste Ursache für irreversibles Erblinden in der westlichen Welt - bislang jedenfalls. Hoffnung macht ein neues Medikament namens Ranibizumab, durch das sich in zwei klinischen Studien das Sehvermögen einiger Patienten nicht nur stabilisierte, sondern verbesserte. Der monoklonale Antikörper zielt auf das Protein VEGF ab, welches das Blutgefäßwachstum in der Makula anregt, der zentralen Region der Netzhaut. Wissenschaftler entdeckten aber dieses Jahr auch einige Gene, die Ärzten einmal bei der Früherkennung von AMD-Risikopersonen helfen sollen. Sie könnten dann rechtzeitig vorbeugende Maßnahmen ergreifen - zum Beispiel Antioxidantien einnehmen und nicht rauchen.
© Daniel Lingenhöhl (Ausschnitt)
Regenwald in Chiapas | Die Genomforschung hat Evolutionsbiologen dieses Jahr enorm beim Verstehen einer der grundlegendsten Fragen der Biologie weitergeholfen: Wie entsteht Biodiversität? Einige Studien an der Florida-Maus, Taufliegen, Schmetterlingen und manch anderen Tieren haben in den letzten zwölf Monaten genetische Veränderungen enthüllt, durch die sich neue Arten bildeten.
© Ansgar Pudenz, Deutscher Zukunftspreis (Ausschnitt)
Mikroskop-Objektträger | Einen klareren Blick auf die Struktur von Zellen und ihren Inhalt bekamen Wissenschaftler im Jahr 2006 durch die Entwicklung neuer Mikroskoptechniken, welche die bisherige Grenze von Lichtmikroskopen in ihrer Auflösung überwanden. Ein normales Lichtmikroskop kann alles, was kleiner als die Hälfte der Wellenlänge des Lichts ist, mit der das Objekt bestrahlt wird, nicht mehr auflösen. So ist bei 200 Nanometern Schluss. Gleich zwei Teams knackten 2006 mit unterschiedlichen Techniken dieses Limit. Die eine Gruppe um Stefan Hell vom Max-Planck-Institut für Biophysikalische Chemie in Göttingen berichtete im April von ihrem neuen Verfahren - der Stimulated Emission Depletion (STED) - mit der sich Strukturen bis zu 20 Nanometern scharf darstellen lassen. Dafür bekam Hell auch den diesjährigen Deutschen Zukunftspreis.
© Max-Planck-Institut für Entwicklungsbiologie (Ausschnitt)
Nervenzelle mit intakten Synapsen | Wie entstehen Erinnerungen? Diese Frage bewegt nicht nur Neurowissenschaftler. Allerdings kamen sie der Antwort dieses Jahr ein bisschen näher. Die Langzeit-Potenzierung (engl. long-term potentiation, LTP) ist ein Phänomen, das die Verbindung zwischen Neuronen stärkt. Deshalb betrachten viele Neurowissenschaftler LTP schon länger als heißen Kandidaten für die Gedächtnisbildung, doch der Beweis wollte bislang nicht gelingen. Dieses Jahr konnten Wissenschaftler erstmals ein LTP im Hippokampus von Mäusen messen, während die Tiere gerade etwas lernten. Andere Forscher schafften es, bei Tieren Erinnerungen auszulöschen, indem sie LTP unterbanden.
© Greg Hannon (Ausschnitt)
Bild | Der Hype um RNA ging auch dieses Jahr weiter. Zu der Truppe der kleinen RNA-Moleküle gesellt sich ein neues Mitglied: piRNAs. Diese zirka dreißig Basenpaare langen Moleküle kommen besonders häufig in den Hoden verschiedener Tiere vor, einschließlich des Menschen. Sie interagieren mit den so genannten Piwi-Genen, die wahrscheinlich die Produktion von Spermien regulieren. Das Bild zeigt einen normalen Hoden (links) und den eines Tieres, dem ein piRNA-Bindepartner fehlt (rechts), umrahmt von Querschnitten durch den Tubulus seminiferus in verschiedenen Falschfarben.
An dieser Stelle befindet sich eine Bildergalerie, die gedruckt leider nicht dargestellt werden kann. Vielen Dank für Ihr Verständnis.
Wer steht 2006 auf dem Siegertreppchen des Science-Rankings der wissenschaftlichen Durchbrüche des Jahres? Ganz oben thront heuer die Mathematik, dank des Russen Grigori Perelman, der eines der schwierigsten mathematischen Probleme knackte. Was die Redakteure des Wissenschaftsmagazins Science sonst noch für preiswürdig hielten, sehen Sie in folgender Bildergalerie.
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