Der blaue Planet ist immer wieder für Überraschungen gut: Leuchtende Küchenschaben, ein Fleisch fressender Schwamm, ein winziger Frosch und ein erstaunlich menschlich anmutender Affe sind nur einige Highlights der diesjährigen "Top 10" der neu entdeckten Lebewesen.
Ein Veilchen für Lilliputaner | Veilchen sind zwar schöne, aber nicht gerade spektakuläre Blütenpflanzen. Jetzt kann die Familie jedoch mit einem botanischen Highlight aufwarten. Die in der trockenen Puna von Peru wachsende Art Viola lilliputana macht ihrem Namen "Lilliput-Veilchen" alle Ehre: Sie ist nicht nur eines der kleinsten Veilchen der Welt, sondern mit einer maximalen Höhe von einem Zentimeter auch eine der kleinsten zweikeimblättrigen Pflanzen überhaupt.
Harfe aus der Tiefe | Normalerweise filtern die sesshaften Schwämme Mikroorganismen aus dem Wasser - nicht jedoch die in über 3000 Metern Tiefe lebende Art Chondrocladia lyra: Sie bevorzugt tierische Beute. An den an eine Harfe erinnernden Ästen bleiben Kleinkrebse hängen, die anschließend vom Schwamm umwachsen und verdaut werden. Eine grazile Schönheit, aber gefährlich - zumindest für Krebse.
Affe mit Menschenaugen | Mit seinen menschenähnlichen Augen hat dieser Affe aus der Gattung der Meerkatzen das Potenzial zum Publikumsliebling: Der aus dem Kongo stammende Lesula (Cercopithecus lomamiensis) wurde erst 2007 entdeckt, obwohl er Einheimischen bereits länger bekannt war. Die Affen machen bei Dämmerung mit ihrem dröhnenden Gesang auf sich aufmerksam, sind aber ansonsten scheu und lassen sich kaum blicken. Dabei macht ein Körperteil des Lesulas einen gar nicht dezenten Eindruck: ihr glänzend blaues Gesäß.
Schlange mit Vorliebe für Schleimiges | Sie erinnert an die giftige Korallenschlange - ist jedoch im Gegensatz zu dieser völlig harmlos. Die nachtaktive Art Sibon noalamina aus den Regenwäldern im Hochland von Panama ernährt sich von weicher und langsamer Beute: Schnecken, Regenwürmer und Froscheier stehen ganz oben auf ihrem Speiseplan. Ihr lateinischer Artname lautet übersetzt "Nein zur Mine", denn ihr Lebensraum wird durch Bergbau bedroht.
Zwergfrosch | Er ist so winzig, dass er auf einem Cent-Stück Platz findet: Paedophryne amanuensis lebt in der feuchten Blattstreu der Regenwälder Neuguineas und wird höchstens 7,7 Millimeter lang - somit ist er das kleinste bekannte Wirbeltier. Er übertrifft damit den bisherigen Rekordhalter Paedocypris progenetica, einen karpfenartigen Fisch aus Südostasien, noch an Winzigkeit. Ein Vergleich mit dem bis über 30 Meter langen und 180 Tonnen schweren Blauwal zeigt die enorme Größenspanne innerhalb der Wirbeltiere.
Seltene Blütenpracht | Madagaskar ist ein Hotspot der Artenvielfalt. Ein Stück Regenwald an der Ostküste der Insel weist besonders viele einzigartige Lebewesen auf - so auch den Strauch Eugenia petrikensis aus der Familie der Myrtengewächse. Er kann bis zu zwei Meter hoch werden und beeindruckt mit smaragdgrünen Blättern und magentafarbenen Blüten. Der Lebensraum dieser neu beschriebenen botanischen Schönheit ist jedoch durch Abholzung bedroht.
Leuchtende Küchenschabe | Küchenschaben haben unter Menschen nicht gerade viele Freunde: Als Überträger von Krankheiten sind sie in Küchen eine Plage. Einige seltene Schabenarten, wie die kürzlich in Ecuador entdeckte Lucihormetica luckae, würden jedoch viele Leute mit ihrem nächtlichen Leuchten in Staunen versetzen - und so vielleicht den zweifelhaften Ruf der Schaben rehabilitieren. Andere leuchtende Insekten sind die bekannten Glühwürmchen und die giftigen Schnellkäfer. Letztere scheint die "Leuchtschabe" auch zu imitieren, um sich vor Fressfeinden zu schützen.
Die Florfliege aus dem WWW | Social Media sind ein Trend, der auch vor der Wissenschaft nicht Halt macht: Eine neue Art von Florfliege (Semachrysa jade) konnte nun dank der virtuellen Community identifiziert werden. Ein Foto des grazilen Insekts wurde auf Flickr veröffentlicht, wo der Entomologe Shaun Winterton darauf aufmerksam wurde. Ein Mitarbeiter des Natural History Museum in London bestätigte dann die Vermutung, dass es sich um eine neue Art handelt - ein schönes Beispiel dafür, wie Öffentlichkeit und Internet zum Fortschritt der Wissenschaft beitragen können.
Mimikri aus dem Jura | Bereits im Jura wurde getäuscht und geblendet: Die Art Juracimbrophlebia ginkgofolia, ein Insekt aus der noch heute lebenden Familie der Skorpionfliegen, imitierte die markanten Blätter des Ginkgobaumes - so legt es ein in der Inneren Mongolei gefundener fossiler Abdruck nahe. Das Insekt hing wohl bewegungslos zwischen den Blättern und lauerte anderen Insekten auf, um sie zu erbeuten.
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Jedes Jahr präsentiert das International Institute for Species Exploration an der Arizona State University die "Top 10" der neuen Arten. Etwa 18 000 neue Spezies werden laut Quentin Wheeler, dem Direktor des Instituts, jährlich entdeckt – dennoch sei erst zirka ein Fünftel der geschätzten zehn bis zwölf Millionen Arten bekannt (Mikroorganismen nicht mitgezählt). "Während wir im Weltall nach erdähnlichen Planeten suchen, sollten wir es zu unserer höchsten Priorität machen, die Biodiversität der Erde selbst zu erforschen", fordert Wheeler daher. Nicht zuletzt, da viele Lebewesen vom Aussterben bedroht sind, sei hier große Eile geboten.
Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.
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