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Gletscherarchäologie: Das mysteriöse Holzkästchen aus dem Eis

Auch die Gletscher Skandinaviens schmelzen und spucken Gegenstände aus vergangenen Jahrhunderten aus. Darunter ein Holzkästchen mit unbekanntem Inhalt. Jetzt haben Wissenschaftler hineingeschaut.
Holzkästchen aus dem Gletschereis

Holzkästchen aus dem Gletschereis

Schmelzende Gletscher können manchmal auch etwas Gutes haben: Sie geben gut konserviert frei, was sie vor Jahrhunderten eingefroren haben, und erlauben so einen Blick in längst vergangene Geschichte. Dabei muss gar nicht immer eine ganze Gletschermumie wie Ötzi auftauen, um spannende Rätsel aufzugeben, wie ein Holzkästchen aus dem Eis mit mysteriösem Inhalt beweist. Es war schon 2019 auf dem tauenden Gletschergeröll von Jotunheimen in Norwegen entdeckt worden. Hier – auf einem rasch tauenden, uralten Gletscherpass, der vor allem zu Wikingerzeiten benutzt wurde – sucht und findet ein norwegisches Archäologenteam um Lars Pilø immer wieder allerlei Artefakte aus dem Eis, manche davon mit 6000 Jahren sogar noch viel älter.

Das rund 40 Zentimeter lange, handbreite Kästchen konnten die Forscher allerdings zunächst nicht einordnen. Es war sehr gut erhalten, weil es bald nach seinem Auftauen gefunden wurde und daher nicht an den unteren Gletschersaum gespült worden war. Offensichtlich handelte es sich bei dem seit Jahrhunderten verschlossenen Gegenstand um eine Art Aufbewahrungsbehälter – womöglich eine Streichholzschachtel, wie die Forscher nach einem Blick in einen Spalt der Box vermutetet hatten. Nun endlich, nach einer längeren durch die Corona-Pandemie bedingten Zwangspause, konnten die Wissenschaftler das Alter der Box genau bestimmen – und auch einen Blick ins Innere werfen.

Tatsächlich ist das Holzkästchen alt, stammt aber eindeutig aus der Nachwikingerära: Die Radiokarbondatierung zeigt, dass das verarbeitete Holz zwischen 1475 und 1635 gewachsen ist. Im Inneren des Kästchens stießen die Forscher schließlich auf Plättchen und größere Stücke einer weißlichen Substanz: Bienenwachs, wie die Analyse ergab. Ganz offenbar hatte das Kästchen zum Transport von Kerzen gedient, schlussfolgern die Forscher.

Holzkisten wie diese wurden in Norwegen im Alltagsgebrauch noch in der frühen Moderne benutzt, wie Museumsstücke belegen. Bauern transportierten damit etwa ihren Hausrat, wenn sie vom Sommer- zum Winterhof umzogen. Diese Rolle könnte auch das Holzkistchen vom Wikingerpass schon im Mittelalter gespielt haben.

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