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Sonnensystem: Das Speichen-Rätsel

Neue Aufnahmen des Weltraumteleskops Hubble zeigen dunkle Strukturen auf Saturns Ringen. Die Muster kündigen ein kurioses Phänomen an, das bisher noch nicht erklärt werden kann.
Die neue Aufnahme des Weltraumteleskops Hubble zeigt den Planeten Saturn. Auf seinen Ringen sind kleine dunkle Strukturen zu sehen, die erst kürzlich aufgetaucht sind.

Saturn mit zwei kleinen »Speichen« auf seinen Ringen

Auf dem Planeten Saturn hat die »Saison der Speichen« begonnen. Damit bezeichnen Astronomen seltsame Muster auf den Ringen, die den Gasriesen umgeben und etwa alle 14 Jahre auftauchen. Die ersten Vorboten zeigen sich auf einem neuen Bild, das das Weltraumteleskop Hubble vor Kurzem aufgenommen hat: zwei kleine dunkle Stellen, die plötzlich auf einem der Ringe zu sehen sind (hier links im Bild). In den kommenden Monaten und Jahren werden noch mehr von den dunklen und hellen Erscheinungen auftauchen und das Aussehen der Ringe verändern. Einige erinnern in ihrer Form an die Speichen eines Fahrrads, andere – wie die jetzt beobachteten – sind kleiner und eher unförmige Kleckse. Endgültig erklären können Wissenschaftler das Phänomen allerdings auch nach Jahrzehnten der Forschung noch nicht.

Die Muster auf den Ringen wurden erstmals im Jahr 1981 entdeckt, als die Weltraumsonde Voyager 2 an Saturn vorbeiflog. Einige der Speichen können eine Länge von 20 000 Kilometern erreichen und erstrecken sich strahlenförmig von innen nach außen über die Ringe. Die Strukturen bleiben etwa acht Jahre lang bestehen, bevor sie wieder spurlos verschwinden.

Ein Team um C.J. Mitchell von der University of Colorado stellte im Jahr 2006 im Fachmagazin »Science« die Vermutung auf, dass die Speichen durch das Zusammenspiel zwischen dem Sonnenwind und Saturns Magnetfeld entstehen. Je nach Winkel, unter dem der Strom geladener Teilchen auf die Ringe und das Magnetfeld treffe, verändere sich die Ladungsverteilung. Dadurch könnten gelegentlich kleine elektrostatisch aufgeladene Staubteilchen über den Ringen schweben. Diese Theorie ist jedoch bislang nicht eindeutig belegt.

Für die Theorie spricht die zeitliche Verknüpfung des Phänomens mit den Jahreszeiten auf Saturn. Auch Saturn durchläuft – wie die Erde – vier Jahreszeiten, weil seine Rotationsachse gegenüber der Umlaufbahn geneigt ist. Da Saturn allerdings viel weiter draußen seine Bahn um die Sonne zieht, dauern seine Jahreszeiten deutlich länger – jede etwa sieben Erdjahre. Das kuriose Schauspiel der Speichen findet immer um Saturns Tag-und-Nacht-Gleiche statt, also zu Beginn von Frühling oder Herbst. Der exakte Starttermin und die Dauer der Speichen-Saison kann jedoch auch nach vielen Jahren der Beobachtung nicht vorausgesagt werden. Sicher ist nur: Am 6. Mai 2025 beginnt der Herbst auf Saturn, entsprechend geht das Spektakel nun allmählich los.

Bisher wurden um andere große Gasplaneten mit Ringen, wie Jupiter oder Neptun, noch keine Speichen entdeckt. Ihre Ringe sind jedoch auch deutlich schwächer ausgeprägt als die von Saturn, daher wären eventuell vorhandene Muster schwerer nachzuweisen. »Es ist ein faszinierender Zaubertrick der Natur, den wir – bis jetzt – nur bei Saturn sehen«, sagt Amy Simon vom Goddard Space Flight Center der NASA in Greenbelt, USA.

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