Nubische Pracht: Glanz eines versunkenen Christenreichs

Mutter des Thronfolgers
Der riesige Assuanstausee verschluckte in den 1960er Jahren viele Kulturdenkmäler, darunter auch die Ruinen eines außergewöhnlichen Gotteshauses: der Kathedrale von Faras im Herzen des einstigen christlichen Königreichs Makuria. Es existierte vom 4. bis zum 14. Jahrhundert in Nubien, einer Region im Süden des heutigen Ägypten und Norden des Sudan.
Die Kirche war noch rechtzeitig von polnischen Archäologen freigelegt worden. Bedeutende Funde landeten im Nationalmuseum von Warschau sowie in der sudanesischen Hauptstadt Khartum. Dazu zählen farbenprächtige Wandgemälde, die kirchliche und weltliche Würdenträger in reich verzierten Gewändern zeigen.
Polnische Wissenschaftler und Designer haben nun einige dieser Kleidungsstücke rekonstruiert, so auch diese Robe, die einst die Schwester eines Königs kleidete. Königsschwestern nahmen in den nubischen Dynastien eine herausragende Position ein, denn ihre Söhne waren zu Thronfolgern bestimmt.
Die Experten färbten Gewebe mit traditionellen Techniken und natürlichen Farbstoffen und verglichen diese mit den Fresken und originalen Textilfunden. Besonders herausfordernd war es, aus den zweidimensionalen Abbildungen die Anordnung der Gewandschichten und ihre jeweiligen Stoffe herauszulesen. Dabei half ein Blick auf byzantinische Vorbilder, die Einfluss auf Makuria hatten. Die Krone der Königsschwester könnte sogar Bezüge zum alten Ägypten aufweisen.
Die Nachbildungen, die unter anderem im Berliner Bode-Museum während der Ausstellung »In Pracht gehüllt. Mittelalterliche Gewänder aus Nubien« zu sehen waren, holen die versunkene Geschichte des mittelalterlichen Nubien in die Gegenwart. Und rücken damit das kulturelle Erbe des Sudan in den Fokus, eines Lands, das seit Jahren unter einem brutalen Bürgerkrieg leidet und trotzdem von der Weltöffentlichkeit vergessen zu werden droht.
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